Sea-Watch 3 beschlagnahmt, Boat-people gehen auf Lampedusa an Land

Inzwischen ist die Sea-Watch 3 mit 47 geretteten Boat-people an Bord trotz Verbots in italienische Hoheitsgewässer eingefahren. Kapitän und Besatzung haben dies mit dem kritischen Zustand der Geretteten begründet, deren Schutz sie nicht mehr gewährleisten könnten. Kommentar Salvini: Von wegen, dieses Schiff wird nicht andocken und diese Einwanderer werden nicht an Land gehen, koste es was es wolle. Der italienische Innenminister steht unter Druck: der UNHCR wirft ihm in einem 11-seitigen Brief Verletzung der Menschenrechte vor, die Föderation evangelischer Kirchen hat ihre Einrichtungen zur Aufnahme von Migranten angeboten, der Vatikan verübelt ihm, dass er bei seiner gestrigen Rede in Mailand mit dem Rosenkranz für die Lega geworben hat, das Strache-Video schadet auch ihm und sein Koalitionspartner, das Movimento 5 Stelle, hat eine Kehrtwende um 180 Grad vollzogen, die auch als Angebot an eine neue Mitte-Links-Regierung verstanden werden kann. Diese Konstellation kann der Sea-Watch zugute kommen. Lampedusa ist bereit, das NGO-Rettungsboot andocken und die Boat-people an Land gehen zu lassen.

Sea-Watch 3: „Italien lässt einige Bootsflüchtlinge an Land“

Es ist Wahlkampf in Italien und die Differenzen zwischen den Regierungsparteien werden polternd ausgetragen. Der Entscheidung, dass 18 der 65 von der Sea-Watch geretteten Boat-people von einem Patrouillenboot der Küstenwache nach Italien gebracht werden, war ein heftiger Wortwechsel zwischen Salvini und De Maio vorausgegangen. Auf die Facebook-Botschaft Salvinis, dass niemand ihm befehlen könne, die Häfen zu öffnen, reagierte De Maio in Anspielung auf Mussolini  mit den Worten: „Italien hat schon mal einen einzigen Mann an der Spitze gehabt und keinen weiteren Bedarf.“

Rettungsweste für Berlins größte Statue

In einer spektakulären Kletteraktion haben Aktivist*innen in Berlin am Freitagmorgen (17.5.19) in Solidarität mit der Seenotrettung auf dem Mittelmeer die 30m hohe Skulptur „Molecule Man“ auf der Spree mit einer riesigen orangen Rettungsweste und Augenbinden bekleidet. Parallel bekundeten vorbeifahrende Schiffe und Aktivist*innen auf der angrenzenden Elsenbrücke am Treptower Park ihre Solidarität mit Transparenten und prangerten die tödliche Migrationspolitik der Europäischen Union an.

Mare Liberum siegt vor Gericht

Nachdem schon die Mare Jonio und auch die Sea-Watch mit Erfolg gegen die Blockade der Rettungsboote durch staatliche Behörden geklagt haben, hat nun auch die Mare Liberum vor dem Verwaltungsgericht in Hamburg Recht bekommen, so dass das Boot mit sofortiger Wirkung wieder auslaufen darf, um die Menschenrechtssituation in der Ägäis zu dokumentieren. Das Bundesverkehrsministerium hatte versucht, die Beobachtungsmission der Mare Liberum im östlichen Mittelmeer mit Formalien zu sabotieren. Einen Teilerfolg hat auch die spanische NGO Pro Activa errungen: die Staatsanwaltschaft in Catania hat die Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zwecks illegaler Einwanderung eingestellt. Die Sea-Watch 3, die gestern 65 Boat-people in der SaR-Zone retten konnte, ist noch auf der Suche nach einem Hafen, wo die Menschen an Land gehen können. Wie so oft in den letzten Monaten weigern sich Italien und andere europäische Länder, die Migrant*innen aufzunehmen.

Sea-Watch 3 rettet 65 Boat-people vor der libyschen Küste

Die Besatzung der Sea-Watch 3 hat etwa 60 Kilometer vor der libyschen Küste ein Schlauchboot mit 65 Migrant*innen an Bord aufgebracht, die von einem NGO-Aufklärungsflugzeug gesichtet worden waren. Der Versuch, die libyschen, italienischen, maltesischen und niederländischen Behörden zu informieren, blieb unbeantwortet. „Im Mittelmeer sinkt die Zahl der Zeugen, aber nicht die der Abfahrten“, heißt es in einer Erklärung der Sea-Watch. Salvini hat auf die Rettung der Boat-people in bekannter Weise reagiert: Die Häfen bleiben geschlossen.

Malta: Schandurteil gegen Seenotrettung

Richter Joseph Mifsud verkündete am Vormittag des 14.05.2019 ein Schandurteil gegen die Seenotrettung im zentralen Mittelmeer, das angesichts des massenhaften Sterbenlassens von Boat-people als Präzedenzfall oder Unikum in die Geschichte der Festung Europa eingehen wird. Das Schiff „Lifeline“ hatte im Juni 2018 234 Boat-people gerettet, die anschliessend über Malta auf EU-Staaten verteilt wurden. Das Gericht verurteilte den Kapitän der „Lifeline“ zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro.

Mare Jonio: Staatsanwaltschaft lehnt Beschlagnahme ab

Die Staatsanwaltschaft von Agrigento hat sich gegen die ‚vorbeugende‘ Beschlagnahme der Mare Jonio ausgesprochen. Sie hat stattdessen die Beschaffung von Beweisen angeordnet, die den Vorwurf der Begünstigung der illegalen Einwanderung rechtfertigen. Zudem hat sie verfügt, dass sich die Ermittlungen nur gegen den Kapitän des Schiffs und gegen den Einsatzleiter, nicht aber gegen die ganze Mannschaft. Damit haben die Justizbehörden den Versuch des Innenministeriums, das Boot der Mediterranea Saving Humans an die Leine zu legen, zunächst blockiert.