Interview Steffen Lüdk emit UNHCR, Spiegel 30.06.20

Fast 80 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – so viele wie noch nie. Die Corona-Pandemie verschärft die Situation noch, die globale Wirtschaftskrise wird Vertriebene besonders hart treffen. Am Dienstag und Mittwoch beraten EU-Spitzen mit NGOs und internationalen Institutionen über Hilfe für Syrien. Inzwischen haben dort mehr als neun Millionen Menschen nicht genügend zu Essen. […]

Grandi: Die Vereinten Nationen brauchen zehn Milliarden Euro. Die sollen den Menschen in Syrien helfen, vor allem den Flüchtlingen. Allein in Idlib wurden 2,5 Millionen Menschen vertrieben. Praktisch die gesamte Bevölkerung dort benötigt Hilfe. […]
In der Region leben 5,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Die Hälfte davon hat ihren Job verloren. In der Türkei betreiben wir ein Hilfstelefon. Vor der Krise baten sechs Prozent der Flüchtlinge im Land dort um Hilfe, nun sind es 45 Prozent. Diese Leute rufen an und wissen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Wir haben nun Bargeldhilfen an 200.000 zusätzliche Flüchtlinge ausgezahlt. Bald sind es hoffentlich 300.000, falls genug Geld zusammenkommt.
m Libanon ist die Situation am schlimmsten, dort ist jeder siebte Einwohner ein Flüchtling. Die Pandemie trifft in dem Land auf eine ohnehin schwelende Wirtschaftskrise und eine tiefe politische Krise. Trotzdem haben die dortigen Behörden die Vertriebenen in ihre Hilfsprogramme eingeschlossen. Das muss anerkannt werden – besonders in Europa.

SPIEGEL: Muss sich Europa auf steigende Flüchtlingszahlen einstellen?
Grandi: Wahrscheinlich schon. Die zunehmende Armut infolge der Corona-Pandemie könnte ein Push-Faktor werden. Wenn die ökonomischen Probleme nicht gelöst werden, könnten sich viele auf den Weg machen, weil ihnen keine andere Option bleibt.

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The meeting of the donors in Brussels, which included some 80 governments and nongovernmental organizations, was focused solely on humanitarian aid, not reconstruction. That will have to wait for the war to end and a political settlement. Collectively, the donors pledged $5.5 billion for this year, plus a further $2.2 billion for 2021.
The aid is meant to be targeted toward Syrians in need throughout the country, whether in government-controlled areas or rebel ones, and to Syrian refugees in neighboring countries like Turkey, Jordan and Lebanon, as well as Egypt and Iraq. Donors have for years pushed the United Nations and aid groups to ensure the aid reaches those who need it, regardless of political control.
Life in Syria is getting worse even for those under government control, and the amount pledged here will still leave many destitute.

NYT 01.07.20

„Die Coronakrise könnte eine neue Fluchtbewegung auslösen“