Im Beitrag Perspektivlos & entrechtet in Bosnien: Die Folgen der Abschottungspolitik schreibt Dr. Sascha Schießl vom Flüchtlingsrat Niedersachsen über die Flüchtlingslager in Bosnien-Herzegowina. Die Zustände sind bekannt: unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser, kaum Sanitäranlagen und fehlende medizinische Versorgung sowie keinen Zugang zu rechtlicher Unterstützung. Die Wartezeit bei Behörden zieht sich über Tage. Illegale PushBacks im „Game“ der Grenzüberquerung gehören zum Alltag Geflüchteter. Besonders das Lager Vucjak ist wegen seines Standorts auf einer ehemaligen Mülldeponie bekannt.

Besonderen Fokus wirft der Beitrag auf die Rolle der Internationalen Organisation für Migration, der IOM, die für die Unterbringung der Migrant*innen und Geflüchteten zuständig ist. Schießl schreibt

Vor Ort aktiv und mit der Unterbringung von Flüchtlingen betraut ist IOM, die Organisation im UN-System, die gegenwärtig insbesondere durch die Schwerpunkte Migrationskontrolle und Rückführung auffällt. Das hat Konsequenzen für die Menschen auf der Flucht. Unterstützung und Vertrauen finden sie in den Lagern nicht.

Der IOM-Koordinator für den Westbalkan, Peter van der Auweraert, der in öffentlichen Stellungnahmen bisweilen bezweifelt, dass die kroatische Grenzpolizei für die Verletzungen von Schutzsuchenden verantwortlich sei, schätzt in Interviews, »dass wir hier etwa 80 bis 85 Prozent Wirtschaftsmigranten haben und kaum Menschen, die internationalen Schutzes bedürfen.« Dabei prüft IOM den individuellen Schutzbedarf der Geflüchteten nicht einmal. Die Berichte über gewaltsame Pushbacks und Misshandlungen durch kroatische Grenzpolizist*innen werden weder dokumentiert noch weitergegeben.

IOM nennt die Lager »Temporary Reception Centres«, diese haben sich de facto jedoch bereits zu Dauereinrichtungen entwickelt. Die Bedingungen in den IOM-Camps sind miserabel und widersprechen internationalen Standards: Sie sind überfüllt, es fehlt an Privatsphäre und Maßnahmen zur Gewaltprävention, zudem gibt es Berichte über gewaltsames Vorgehen der eingesetzten Sicherheitsdienste gegenüber Schutzsuchenden und unterlassene Hilfeleistung. Hinzu kommt die Perspektivlosigkeit: Menschen in den IOM-Camps berichten, keinerlei Informationen über Rechte und Perspektiven zu erhalten. Beratungsangebot gibt es lediglich zum Thema »freiwillige Rückkehr«. IOM agiert damit ganz im Sinne der EU und als Element der EU-Abschottungspolitik.

Pro Asyl │ 16.08.2019

Was er fordert: die „Evaluation der IOM-Camps, um die Einhaltung internationale Unterbringungsstandards sowie die Verwendung der EU-Mittel zu überprüfen.“

Die IOM in Bosnien – Hüterin der Festung