Wer ist ihm, dem großen transnationalen Fälscher von Personendokumenten und dem heimlichen Fotografen, nicht über den Weg gelaufen, ohne ihn kennengelernt zu haben: Wir sind alle nach Paris, Buenos Aires, Algier gepilgert, wir alle haben Geflüchtete aus Südamerika, Spanien, Portugal, Griechenland und US-Kriegsdienstverweigerer unterstützen gelernt.

Aber das kollektive Band der Erfahrung und der Weitergabe der Flüchtlingssolidarität und des Widerstands erscheint zerrissen. Wir selbst sind gefangen in der Gegenwart der überaus wichtigen Seenotrettung im Mittelmeer. Blicke zurück sollten wir hochschätzen.

Soeben ist folgendes Buch erschienen und eine Ausstellung hat eröffnet:

Adolfo Kaminsky, changer la donne.
Textes de Élisabeth de Fontenay, Sophie Cœuré et Amaury da Cunha. Préface de Paul Salmona.
Paris (Cent Mille Milliards) 2019

Die Ausstellung ist gratis, geöffnet vom 23.05. bis zum 08.12.2019, im Foyer des Auditoriums des Musée d’art et d’histoire du judaïsme, 71, rue du Temple, in Paris.

Adolfo Kaminsky wurde 1925 in Argentinien geboren, 2019 starb er. Er begann seine Fälscher-Aktivität in der französischen Résistance und versorgte vor allem Juden und Jüdinnen mit falschen Papieren, um sie vor Verfolgung und Deportation zu schützen. Für die Recherche von deutschen KZs stattete er Spezialist*innen mit „neuen“ Papieren aus, ebenso für die nach Palästina Flüchtenden, sodann auch Algerier*innen, Südamerikaner*innen, Südeuropäer*innen, Südafrikaner*innen im Kampf gegen Kolonialismus, Diktatur und Apartheid sowie US-Amerikaner auf ihrer Desertationsflucht. 1971/72, verarmt und vor möglicher Aufdeckung seiner Aktivitäten, ging er nach Algerien und heiratete dort.

Er war ein ausgezeichneter Fotograf, wollte damit aber nicht an die große Öffentlichkeit, weil die Aufmerksamkeit zu gefährlich war.

Vor 10 Jahren veröffentlichte seine Tochter Sarah Kaminsky eine Biografie von ihm. Erst dadurch wurde Adolfo Kaminsky öffentlich bekannt. Nun folgt ein weiteres Buch und gleichzeitig zeigt eine Ausstellung eine Auswahl seiner Fotos.

Falsche Papiere, heimliche Fotos: Adolfo Kaminsky – Rezension