Italiens Insel Lampedusa ist Hauptziel der neuen Migrationsbewegung aus Tunesien. Die lokalen Behörden nennen die Situation „unkontrollierbar“. Die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese fügte hinzu, dass durch die unkontrollierte Einwanderung ernsthafte Probleme für die gesundheitliche Sicherheit Italiens entstünden, und schickte die Armee nach Sizilien. Die Panikmache der Ministerin steht im Gegensatz zu der Aussage von Epidemiologen, denen zufolge trotz der vielen ankommenden Boote kein Grund zur Sorge über eine durch die Migration verursachte Verbreitung von Corona besteht.

BERLIN taz | Im Juli sind fast so viele Flüchtlinge und MigrantInnen auf Lampedusa angekommen wie im ganzen ersten Halbjahr. Nach Zahlen der Vereinten Nationen erreichten in den vergangenen vier Wochen 5.067 Menschen über das Meer Italien, die meisten gingen auf Lampedusa an Land. In den gesamten sechs Monaten zuvor waren insgesamt 6.653 Menschen nach Italien gelangt.

Lampedusas Bürgermeister Totò Martello nannte die Situation „unkontrollierbar“. Wenn die Regierung es nicht tue, werde er den Ausnahmezustand ausrufen. Auf der 20 Quadratkilometer großen Insel befanden sich am Wochenende mehr als 1.000 MigrantInnen, es gibt dort nur ein einziges Aufnahmelager mit Platz für 95 Menschen.

Bei den Ankommenden handelt es sich in der Regel nicht um Flüchtlinge, die an der libyschen Küste in See gestochen sind. Es sind vielmehr Boote, die von verschiedenen Orten Tunesiens aus auf die nur 140 Kilometer entfernte Insel Lampedusa übersetzen. Sie kommen auf Holzbooten, die vergleichsweise seetüchtig sind und auf denen in der Regel zwischen 20 und 40 Menschen Platz haben.

Das bedeutet allerdings nicht, dass es keine Unglücke gibt: Die Initiative Alarm Phone hat allein in den letzten Tagen drei bis vier Unfälle zwischen Tunesien und Lampedusa gezählt. Wie viele Menschen dabei ums Leben gekommen sind, ist unklar.

Küstenwache hielt an einem einzigen Tag 17 Boote auf

In den Booten nach Lampedusa sitzen viele tunesische MigrantInnen, die sogenannten Harraga. Laut dem italienischen Innenministerium machten tunesische Staatsangehörige in diesem Jahr rund 39 Prozent aller über das Meer Ankommenden in Italien aus. Sie waren damit die mit Abstand größte Gruppe, gefolgt von Bengalen (14 Prozent) und Ivorern (6 Prozent).

Ein Teil der aus Tunesien kommenden Boote wird nach Beobachtung des Alarm Phone und der NGO Sea-Watch von der tunesischen Küstenwache abgefangen und zurück nach Tunesien geschleppt. Im ersten Halbjahr könnten etwa genauso viele Menschen auf diese Weise nach Tunesien zurückgebracht worden sein, wie in Italien angekommen sind, schätzt Alarm Phone.

Die Besatzung des von Sea-Watch betriebenen Aufklärungsflugzeugs „Moonbird“ hatte am 16. Juni eine solche Aktion mit Fotos aus der Luft dokumentiert. An diesem Tag wurden die Insassen eines Bootes nach vier Tagen auf See von der tunesischen Küstenwache zurück in den Hafen von Zarzis gebracht – obwohl es bereits in europäischen Gewässern war. Nach Angaben von Sea-Watch waren die italienische Küstenwache und Frontex an der Aktion beteiligt.

Im Juni hatte die tunesische Küstenwache nach UNHCR-Angaben an einem einzigen Tag 17 Boote aufgehalten, die versuchten, nach Italien zu gelangen, und Hunderte der Insassen verhaftet.

Von Lampedusa nach Catania

Tunesien ist eines der Länder, die seit langer Zeit eng mit Italien in Sachen Grenzschutz kooperieren. Seit der Herrschaft des 2011 gestürzten Diktators Ben Ali sind Gesetze in Kraft, auf deren Grundlage subsaharische MigrantInnen in Haft genommen werden können, um eine Überfahrt nach Italien zu verhindern.

Auch tunesischen StaatsbürgerInnen ist die Ausreise nach Italien ohne Papiere untersagt. Die Rechtsgrundlage für die Beziehungen zwischen der EU und Tunesien ist bis heute das 1998 in Kraft getretene Assoziierungsabkommen, in dem der Kampf gegen „illegale“ Migration und eine Ausweitung der Rückführungen von Tunesier*innen bereits explizit vorgesehen sind.

Italien bringt die Ankommenden derzeit unter anderem nach Catania auf Sizilien, von wo aus sie im Land weiter verteilt werden. Die EU-Kommission habe von Italien ein Gesuch erhalten, bei dem es um eine Umverteilung in andere EU-Länder gehe, sagte ein EU-Sprecher am Dienstag in Brüssel. Die Kommission sei nun in Kontakt mit den anderen Mitgliedstaaten.

Salvini spricht von „organisierter Invasion“

Ida Carmina von der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung sprach sich für Luftbrücken aus, die Menschen von Lampedusa in andere Gebiete bringen könnten. Ein vor Sizilien „vor Anker gehendes Quarantäne-Schiff mit 1.000 Plätzen“ lehnte sie hingegen ab. Das berge Risiken für den Tourismus. Das Innenministerium will mit einem solchen Schiff die Aufnahmezentren in Süditalien entlasten.

„Wir müssen die Mechanismen für die Rückführung nach Tunesien sofort wieder aktivieren“, sagte Außenminister Luigi Di Magio. Er spricht sich damit für eine schnellere Abschiebung nach Tunesien aus – die entsprechenden Vereinbarungen waren nie ausgesetzt worden.

Wenig originell nannte Italiens früherer Innenminister und Chef der extrem rechten Lega Matteo Salvini die Ankünfte auf Lampedusa eine „organisierten Invasion“. Er dürfte darauf spekulieren, dass ihm die Situation bei seinem anstehenden Prozess hilft. Am Donnerstag stimmt der Senat darüber ab, ob Salvinis Immunität aufgehoben wird. Die Staatsanwaltschaft will ihm den Prozess machen, weil er im August 2019 als Innenminister fast drei Wochen lang dem Rettungsschiff „Open Arms“, das 150 Flüchtlinge an Bord hatte, die Einfahrt in einen italienischen Hafen verweigerte.

taz | 30.07.2020

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I migranti portano il covid-19?

La ministra dell’interno Luciana Lamorgese – in un’intervista al Corriere della sera il 28 luglio – parlando degli ultimi arrivi di migranti a Lampedusa ha detto che si tratta di “flussi incontrollati che creano seri problemi legati alla sicurezza sanitaria nazionale” e ha mandato l’esercito in Sicilia, dopo che nelle ultime settimane si sono verificate due fughe di richiedenti asilo nei centri di accoglienza di Caltanissetta e di Porto Empedocle. Le fughe sono nella maggior parte dei casi motivate dal tentativo si sottrarsi ai rimpatri, ma dal punto di vista sanitario i migranti arrivati via mare sono stati tutti sottoposti a controlli che ne hanno escluso la positività al virus.

L’allarmismo della frase della ministra quindi è in contrasto con quanto detto nelle ultime settimane da epidemiologi ed esperti che hanno definito la situazione sanitaria degli stranieri sotto controllo. In queste ultime settimane tuttavia l’aumento degli arrivi via mare, in particolare dalla rotta tunisina, hanno destato una preoccupazione che si è caricata anche dell’allarme legato alla pandemia, senza che però, a parere degli esperti, ce ne siano ragioni fondate. Qualche domanda e qualche risposta.

I migranti portano il covid-19?

“Tra chi è arrivato regolarmente e quanti sono sbarcati autonomamente la percentuale dei positivi è dell’1,5 per cento”, afferma Matteo Villa, ricercatore dell’Ispi. Una percentuale molto bassa. “Negli ultimi 31 giorni sono sbarcati 99 migranti positivi al coronavirus, 3,3 al giorno. Nello stesso periodo di tempo, i nuovi contagi in Italia sono stati 199 al giorno”. Da non dimenticare inoltre che le positività sono state certificate su gruppi di migranti che avevano condiviso la stessa imbarcazione durante il viaggio, “dando credito all’ipotesi che un numero significativo di essi si sia infettato nel corso della traversata”, continua Villa.

La gran parte dei migranti arrivati nelle ultime settimane in Italia via mare, anche in maniera autonoma, è stato sottoposto inoltre al tampone naso-faringeo per il coronavirus ed è risultata negativa. Fino al 14 luglio era attiva una nave da quarantena, la Moby Zazà, costata allo stato tra 900mila euro e 1,2 milioni di euro, dove erano tenuti sia i migranti positivi sia quelli negativi al test, sia quelli soccorsi dalle ong in mare sia quelli arrivati in autonomia con delle barche sulla costa. L’epidemiologo Massimo Galli in un’intervista ha confermato che i migranti irregolari sono al momento “le persone più controllate”. Aggiungendo che invece bisognerebbe “controllare meglio i viaggiatori intercontinentali che arrivano dalle zone in cui l’epidemia ancora imperversa”. Anche l’epidemiologo Pier Luigi Lopalco ha detto che “l’ultimo problema nel controllo della pandemia di covid-19 sono i barconi di disperati che arrivano sulle coste italiane”.

C’è stato un aumento degli arrivi via mare?

Dal 20 luglio fino al 26 luglio sono arrivati via mare in Italia 2.445 immigrati. Si tratta di numeri superiori a quelli dello stesso periodo dell’anno precedente, ma sono ancora molto bassi rispetto a quelli della crisi migratoria che ha interessato le coste italiane dal 2014 al 2017. “Nel primo semestre del governo Conte II, tra settembre 2019 e febbraio 2020, gli sbarchi erano più che raddoppiati rispetto allo stesso periodo dell’anno precedente (da 3.555 a 8.889). Tale constatazione ha spinto molti a pensare che l’Italia stesse rapidamente tornando verso quel periodo di alti sbarchi che, tra il 2014 e la prima metà del 2017, ha visto l’arrivo in Italia di oltre 600mila persone”, spiega Matteo Villa.

La realtà, tuttavia, è molto diversa. Gli arrivi di migranti sulle coste italiane si è ridotto notevolmente dalla metà di luglio del 2017, dopo che Roma ha firmato con Tripoli il Memorandum d’intesa che prevedeva una collaborazione tra i due paesi per il controllo della frontiera marittima e l’addestramento della cosiddetta guardia costiera libica. “Il più che raddoppio degli sbarchi del primo semestre del governo Conte II va dunque inquadrato in un contesto di arrivi molto bassi sulle coste italiane, che nella prima metà del 2019 avevano toccato i loro minimi dal 2009. Non è un caso se, malgrado l’aumento degli sbarchi, il loro numero resta comunque incomparabilmente inferiore rispetto al periodo di alti arrivi sulle coste italiane. Per fine 2020 si prevede infatti che in Italia potrebbero sbarcare irregolarmente circa ventimila persone: cifra inferiore del 90 per cento a quella registrata nel 2016”, conclude Villa.

Perché arrivano direttamente a Lampedusa?

Una delle tendenze migratorie del 2020 è che la maggior parte degli arrivi via mare in Italia avviene attraverso gli sbarchi diretti, cioè con imbarcazioni autonome che approdano a Lampedusa o sulle coste siciliane. Questo arretramento della frontiera marittima è stato determinato dalla sospensione dei soccorsi in mare, sia governativi sia non governativi. La guardia costiera italiana, impegnata in prima linea negli anni scorsi nei soccorsi in mare, non compie più soccorsi oltre le dodici miglia delle acque territoriali, nonostante continue richieste di aiuto lungo la rotta del Mediterraneo centrale. Al momento inoltre sono state bloccate tutte le navi umanitarie che a partire dal 2016 hanno prestato soccorso lungo la rotta marittima più pericolosa del mondo. L’ultima in ordine di tempo è stata la nave Ocean Viking dell’ong Sos Méditerranée che è stata sottoposta a fermo amministrativo dalle autorità italiane con l’accusa di aver trasportato troppi naufraghi.

Questo elemento, insieme alla riattivazione della rotta tunisina, ha determinato l’arrivo diretto delle imbarcazioni partite dalla Libia o dalla Tunisia sulle coste italiane come avveniva prima del 2013, quando fu lanciata la prima missione di soccorso governativa, la missione Mare nostrum. La riattivazione della rotta tunisina, inoltre, una delle più antiche del Mediterraneo, è dovuta all’instabilità economica del paese, che è stata aggravata dalla pandemia di coronavirus. I tunisini sono il primo gruppo di migranti arrivati in Italia nel 2019 e nel 2020, quattromila dall’inizio dell’anno. L’isola di Lampedusa, per la sua estrema vicinanza alle coste tunisine, è sempre stata un approdo per i migranti tunisini. Nel 2011, dopo le rivolte che portarono alla deposizione di Ben Ali e alla transizione democratica, arrivarono sull’isola 15mila migranti in pochi mesi.

Nel paese nordafricano ogni anno centomila studenti abbandonano gli studi prima di terminarli, perché non ritengono che sia utile studiare per migliorare la loro condizione. Il contesto sociale ed economico particolarmente instabile favorisce movimenti migratori in uscita, a partire dal 2015 il profilo delle persone che scelgono di emigrare dalla Tunisia è cambiato. Prima partivano solo i ceti più bassi, quelli che non finivano gli studi e che non avevano la possibilità di studiare. Ora emigrano anche i ceti più abbienti, i ragazzi che hanno un diploma. Emigrano soprattutto i ragazzi delle grandi città, quelli che non vedono un futuro nel paese, anche se hanno studiato. Spesso hanno anche provato a chiedere un visto che gli è stato rifiutato. È in aumento il numero dei minori non accompagnati che si imbarcano: nel 2018 sono stati il 35 per cento. Prima erano pochissime le donne che partivano (solo l’1 per cento) ora sono sempre di più. La crisi sanitaria ha solo aggravato questo quadro.

Perché scappano dai centri in Sicilia?

La maggior parte dei migranti che stanno arrivando in Italia nelle ultime ore sono tunisini. Dal 2011 la Tunisia ha firmato un accordo con l’Italia per la riammissione dei migranti irregolari: a Tunisi arriva un volo a settimana con sessanta tunisini. Ma spesso chi viene rimpatriato, dopo qualche anno o addirittura pochi mesi riprova a partire. Questo è il motivo per cui molti migranti nelle ultime ore stanno scappando dai centri di accoglienza in Sicilia una volta arrivati, sanno che rischiano di essere riportati indietro in aereo poche ore dopo l’arrivo, anche se con la crisi sanitaria i voli di rimpatrio sono stati sospesi. A Porto Empedocle il 27 luglio un centinaio di migranti ha lasciato una tensostruttura temporanea allestita nella banchina del porto, dove erano in corso alcune operazioni di prima accoglienza. Ma secondo quanto riportato dai cronisti sul posto e dalla stessa sindaca la struttura non avrebbe potuto accogliere più di cento. persone, mentre erano diventate più di 500.

Internazionale | 29.07.2020

Lampedusa: „Hunderte jeden Tag“