Im Zentrum des Landes haben offenbar Soldaten der malischen Armee zwei Massaker verübt. Alle Opfer sollen der ethnischen Gruppe der Peulh angehören.

[…] Alle Opfer sollen der ethnischen Gruppe der Peulh angehören, wie deren Interessenverband Tabital Pulaaku mitteilte.

Die getöteten Personen hätten absolut nichts mit Terrorismus oder Dschihadismus zu tun, hieß es in einer Erklärung des Verbandes, die Radio France Internationale zitiert. Verantwortlich für die Tötungen im Zentrum des Landes soll laut Augenzeugenberichten die malische Armee sein.

Der erste Angriff ereignete sich den Angaben zufolge am Freitag in dem Dorf Binedama in der Region Mopti. Dort seien 29 Menschen im Alter zwischen neun und 78 Jahren ums Leben gekommen. Der zweite Angriff mit neun Toten fand demnach am Samstag in Massabougou in der Region Segou statt.

Die malische Regierung sprach lediglich von bewaffneten Angreifern. Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder, mehrere Häuser seien in Brand gesetzt worden. Über die Hintergründe besteht noch Unklarheit. Die Augenzeugen sagten aber, die Angreifer hätten Armee-Uniformen getragen.

Die Zeit | 07.06.2020

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[…] Überfall uniformierter Männern auf das Fulani-Dorf Binedama im Zentrum des Landes …. Aly Barry, Sprecher der Fulani-Organisation Tabital Pulaaku teilte der Nachrichtenagentur AFP mit, bei den Angreifern habe es sich um malische Soldaten gehandelt, 26 Personen seien getötet worden. Der Bevölkerungsgruppe wird von Angehörigen der Dogon und Bambara immer wieder vorgeworfen, gemeinsame Sache mit islamistischen Extremisten zu machen.

Die UN-Mission Minusma gab im April bekannt, sie habe allein zwischen Januar und März 101 widerrechtliche Exekutionen malischer Soldaten registriert. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International will von „mindestens vier Fällen von Folter und Misshandlungen“ seitens malischer Soldaten wissen. […]

Den Vorwürfen kommt insofern besondere Brisanz zu, als rund 350 Bundeswehrsoldaten die malischen Streitkräfte ausbilden. Ihre Ausbildung ruht derzeit wegen der Pandemie. Der Bundestag gab kürzlich grünes Licht für eine Verlängerung der europäischen Ausbildungsmission um ein Jahr. Künftig sollen sogar 100 weitere Bundeswehrsoldaten diese Aufgabe übernehmen. In der nördlichen Provinzhauptstadt Gao sind außerdem 1100 Bundeswehrsoldaten stationiert, die Drohnen-Aufklärung für Minusma liefern. Auch ihre Mission wurde im Mai vom Bundestag verlängert.

Tagesspiegel | 07.06.2020

Am Wochenende haben 20 000 in Bamako gegen die Regierung Keita demonstriert. Ein Bündnis „Front zur Rettung der Demokratie“ hatte dazu aufgerufen. Johannes Dieterich schreibt im Tagesspiegel:

Der Protest auf dem zentralen „Platz der Unabhängigkeit“ in Bamako am Freitag war von einer neu gegründeten Oppositionsplattform, der „Front zur Rettung der Demokratie“ (FDS) organisiert worden. Ihr gehören unter anderen der populäre muslimische Geistliche Mahmoud Dicko sowie der Korruptionsbekämpfer Clément Dembélé und die zivile Aktivistengruppe „Espoir Mali Koura“ an. In einer gemeinsamen Erklärung warf die Plattform Präsident Keïta einen „chaotischen Regierungsstil“ vor.

Die „katastrophale Führung“ des vor zwei Jahren wiedergewählten Staatschefs habe Mali in eine „multidimensionale Krise“ gestürzt, heißt es weiter. „Die Integrität des Landes ist in Frage gestellt, das Sozialwesen wurde auf eine bisher nicht dagewesene Weise dezimiert, eine wachsende Verarmung der arbeitenden Bevölkerung, finanzielle Misswirtschaft, Korruption…“

Die Demonstranten forderten die Freilassung „aller politischen Gefangenen“, „mehr Geld für Schuldbildung“ und einen effektiven Kampf gegen Corona.
Präsident Keïta habe zwar jedem Malier einen Mundschutz versprochen, klagten Oppositionsanhänger. Er habe seine Ankündigung jedoch nicht eingehalten. Kaum einer der Demonstranten trug einen Mundschutz. „Jeden Tag werden neue Tote gemeldet“, sagte der 33-jährige Ben Adama Diarra zu einem Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters: „Mali wird zu einem riesigen Friedhof.“

Tagesspiegel | 08.06.2020

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Was die Demonstrant*innen eint, ist die massive Unzufriedenheit mit der Regierung. Nach Protesten der Tuareg, Staatsstreich und mehrmonatiger Besetzung des Nordens durch islamistische Gruppierungen ist IBK seit 2013 an der Macht. Sein zweites Mandat geht offiziell noch bis 2023. Jetzt fordern die Demonstrant*innen seinen Rücktritt. Auf Plakaten kritisieren andere die Einschränkung von Meinungsfreiheit, die mangelnde Sicherheit von Zivilist*innen, die Korruption, den Verlauf der Parlamentswahlen im März und April. Ein Demonstrant hält ein rotes Plakat mit weißer Schrift hoch, auf dem zu lesen ist: „Diese Regierung ist das Coronavirus für Mali.“

TAZ | 06.06.2020

Mali: Massaker durch die Armee? Neue Proteste in Bamako