FFM ist daran beteiligt, die bislang von der TAZ unterstützte Seite Migration-Control zu aktualisieren und zu erweitern. Die neue Seite wird im Januar 2020 online gehen. Geplant ist, die bislang unter „Länder“ abrufbaren Beiträge als Wiki zugänglich zu machen und dieses Wiki um Regionalstudien und um weitere Einträge – wie EUTF, GIZ, EUNAVFOR oder FRONTEX – zu erweitern.

Um für dieses Projekt zu werben und den Fortschritt unserer Arbeit zu dokumentieren, werden wir einige Aktualisierungen vorab veröffentlichen.

Laura Lambert hat den Beitrag zum Niger verfasst, der hier vorab veröffentlicht wird.

Der vollständige Beitrag findet sich hier als PDF.

Niger

1. Basisdaten und kurze Charakterisierung

Migration war im Niger lange Zeit eine Ressource und unterlag kaum politischer Regulierung durch die nigrische Regierung. Und auch das Interesse Europas am Niger war äußerst gering. Beides änderte sich um das Jahr 2015, als der Niger zum privilegierten Partnerstaat in der Umsetzung der europäischen Migrationskontrollpolitiken wurde. Seitdem geben sich zahlreiche europäische Politiker*innen im Niger die Klinke in die Hand. Geld und Sicherheitsequipment werden in den Sahelstaat verschoben. Im Gegenzug ist die Mobilität von vor allem west- und zentralafrikanischen Menschen im Niger massiv begrenzt worden. Als neuer “Grenzsoldat Europas”[1]Boyer/Chappart, Pascaline (2018): Les frontières européennes au Niger. Vacarme 83, 98. ist der Niger zur Endstation und zum Rückkehrkorridor für fliehende und migrierende Menschen geworden, aber auch zum Labor für den Einsatz mobiler Grenzpatrouillen in unwegsamem Terrain und die Externalisierung des Flüchtlingsschutzes. Dabei generiert der Niger, betroffen von mehreren Krisenherden, zunehmend selbst Fluchtbewegungen.

2. Ökonomie und Regierung

Der Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 längere Zeiten von autokratischer und militärischer Herrschaft durchlaufen und ist seit 1990 formell eine Präsidialdemokratie, die seit 2011 unter der Regierung von Präsident Mahamadou Issoufou und seiner Partei PNDS-Tarayya geführt wird. Aufgrund der beschränkten Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit und Gewaltenteilung klassifizieren Demokratieindizes das Regime jedoch zunehmend als hybrides Regime.[2]https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/niger

Präsident Issoufou hat dem Staat Gelder und militärische Unterstützung im Kampf gegen irreguläre Migration und Terrorismus sichern können. Er steht jedoch in einem Konflikt mit der Opposition[3]https://nigerdiaspora.net/index.php/politique-niger/7530-avec-ou-sans-opposition-le-niger-ira-aux-urnes-en-2020-abdourahaman-zakaria-porte-parole-du-gouvernement und unter Kritik, nicht genug für die Bekämpfung von Armut, Terrorismus und Korruption getan zu haben.[4]https://www.dw.com/de/issoufous-erste-amtszeit-entt%C3%A4uschte-hoffnungen-im-niger/a-19052489 Die Korruption der Sicherheitskräfte beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit im Land. Sie ist laut der Antikorruptionsbehörde HALCIA strukturell notwendig für das Funktionieren der Sicherheitskräfte.[5]Tinti, Peter; Reitano, Tuesday (2017): Migrant, Refugee, Smuggler, Saviour. London: Hurst & Company, 180. Seit Issoufous Ankündigung, mit dem Ende seines zweiten Mandates im Jahr 2021 verfassungsgemäß nicht erneut zu kandidieren, hat das politische Ringen um seine Nachfolge begonnen. Issoufous Kandidat, der derzeitige Innenminister Mohamed Bazoum, gilt den europäischen und internationalen Partnern als zuverlässiger Partner, ist jedoch in der Bevölkerung umstritten[6]Jeune Afrique (2019): https://www.jeuneafrique.com/424251/politique/niger-president-issoufou-assure-quil-ne-briguera-de-troisieme-mandat/ Jeune Afrique (2018: Dix choses à savoir sur Mohamed Bazoum, … Continue reading

Umgeben von sich ausdehnenden Krisenherden in den Nachbarstaaten Mali, Nigeria, Libyen, Burkina Faso und Tschad ist die Bevölkerung im Niger selbst zunehmend das Ziel von islamistischen Anschlägen, Entführungen und Diebstählen geworden. Laut OCHA, dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, wurden in den ersten fünf Monaten des Jahres 2019 bereits fast 200 Zivilist*innen getötet und über hundertmal Menschen entführt. Mehr als 110.000 Menschen mussten in diesem Zeitraum ihre Wohnorte wegen Bedrohungen verlassen.[7]OCHA (2019): Niger. Rapport de situation. Juin 2019. https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Rapport%20de%20situation%20-%20Niger%20-%2011%20juin%202019.pdf […]

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