Das von der EU mitfinanzierte Auffanglager für Flüchtlinge in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist in desolatem Zustand. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) betreibt die Unterkunft und gibt zu, die Lage sei außer Kontrolle geraten. „Wir sind nicht länger in der Lage, minimale Sicherheitsstandards für die Flüchtlinge zu garantieren“, bestätigt der UNHCR-Sprecher für Libyen, Charlie Yaxley, dem ARD-Magazin Panorama.

Flüchtlinge aus dem Camp berichten, dass viele dort an Krankheiten leiden und medizinisch schlecht versorgt werden. Es fehle in der so genannten „Gathering and Departure Facility“ (GDF) an Essen und einfachen Hygieneartikeln wie Seife. Das Lager wird in Kooperation mit der libyschen Regierung betrieben. […]

Jetzt versucht das UNHCR wegen der Überfüllung, Flüchtlinge aus dem Lager zu vertreiben. Das Essen wird an bestimmte Flüchtlinge nicht mehr ausgegeben. Stattdessen wird den unerwünschten Menschen ein sogenanntes „Hilfspaket“ angeboten, es beinhaltet vor allem eine kleine Summe Bargeld, etwa 280 Euro, die derjenige erhält, der das Lager verlässt. […]

Experten gilt diese Maßnahme als Offenbarungseid, denn in Libyen herrscht Bürgerkrieg. Flüchtlinge, die allein auf der Straße unterwegs sind, können jederzeit inhaftiert werden, und ihnen droht Folter und Erpressung. […]

Die Libyen-Strategie der EU und auch der Bundesregierung ist damit gescheitert. Bislang hat die EU mehr als 320 Millionen Euro nach Libyen geschickt. Um Flüchtlinge aufzuhalten, setzte man auf eine Kooperation mit einem Regime, das Menschenrechte regelmäßig verletzt, wie die EU selbst weiß. Die libysche Regierung unternehme „keinerlei Schritte“, um gegen die Folter in den Lagern vorzugehen, heißt es in einem geheimen Papier des Rates der Europäischen Union – wohl auch, weil libysche Regierungsmitglieder selbst darin verwickelt seien könnten.

Tagesschau | 23.01.2020

„Panorama“-Recherche zu den Lagern in Libyen