„Die griechische Regierung setzt 11.000 anerkannte Flüchtlinge auf die Straße. Hilfsorganisationen und Bürgermeister sind entsetzt. Die Maßnahme ist offenbar Teil eines größeren Plans.“

In ihrem Spiegel-Artikel vom 06.06. schreiben Giorgos Christides und Steffen Lüdke, dass die griechische Regierung damit begonnen habe, die 11.000 anerkannten Flüchtlinge aus den Lagern und Appartements zu verweisen.

Integrationsprogramme gibt es kaum. Selbst wer Griechisch lernt, findet häufig keinen Job. In der Coronakrise ist es noch schwieriger. Die Wohnungssuche gleicht einem Albtraum, viele Griechen wollen keine Migranten in ihren Häusern. Bis Flüchtlinge die bürokratischen Hürden für Sozialleistungen genommen haben, dauert es Monate.
Hunderte Flüchtlinge wohnen deshalb trotz eines bewilligten Asylantrags in den Elendslagern auf den Inseln oder den etwas besseren Lagern auf dem Festland. Zumindest Essen gibt es dort regelmäßig.
Menschenrechtsorganisationen sind entsetzt, dass die Regierung diese Flüchtlinge nun einfach auf die Straße setzt. Griechische Bürgermeister fürchten, dass sie in Parks und auf öffentlichen Plätzen schlafen müssen.

Offenbar stehe, so die Autoren, hinter dieser Maßnahme der Plan, die anerkannten Refugees auf die Reise nach Norden zu schicken.

Der griechischen Regierung kommt es da gelegen, wenn die anerkannten Flüchtlinge erst die Lager und wenig später auch das Land verlassen würden. Viele der Geflüchteten werden lieber in andere EU-Länder reisen, statt in Athen auf der Straße zu leben. Sie können in Griechenland Reisepapiere beantragen, mit denen sie sich 90 Tage in anderen Schengen-Staaten aufhalten können. Normalerweise braucht man für den Antrag Monate oder Jahre. Nun hat die Regierung eigens ein neues Büro eröffnet, um den Prozess zu beschleunigen.
Auch an der Grenze zu Nordmazedonien und Albanien lässt sich die neue griechische Linie beobachten. Die Einheiten der Grenzschützer dort wurden ausgedünnt und an den türkisch-griechischen Grenzfluss Evros verlegt. Der Grenzschutz wird nach SPIEGEL-Informationen bewusst vernachlässigt. Die wenigen Grenzer, die noch da sind, stoppen Hunderte Flüchtlinge pro Tag. Viele mehr aber schaffen es über die Grenze. Es ist die erste Etappe der Balkanroute.

„Plötzlich vor dem Nichts“