Oxfam hat am 30.01.20 eine Studie über den EU Trust Fonds veröffentlicht. Demnach geht in Nordafrika mehr Geld in die Migrationsabwehr als in die Klassische „Entwicklungshilfe“.

Die Studie als PDF findet sich hier

BERLIN taz | Die europäische Entwicklungszusammenarbeit dient immer weniger dem Kampf gegen die Armut. Gelder für europäische Entwicklungspolitik werden zunehmend dazu verwendet, Grenzen zu schließen, Migration zu erschweren und Abschiebungen nach Afrika zu erleichtern. Das kritisiert die Entwicklungs-NGO Oxfam in einer neuen Untersuchung. Teils werde so Armut und Not „verschärft, statt diese zu lindern“, heißt es in dem Bericht „Trapped between Aid Policy and Migration Politics“.

Der befasst sich vor allem mit dem sogenannten EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF). Der Fonds wurde im Herbst 2015 während der Flüchtlingsbewegung über die Balkanroute aufgelegt, um die „Ursachen irregulärer Migration“ in Afrika zu bekämpfen. Seither wurden für den Fonds rund 4,7 Milliarden Euro bereit gestellt. Das Geld stammt aus den Etats der EU-Entwicklungshilfe-Ministerien. Es handelte sich vor allem um eine Neustrukturierung der Entwicklungshilfe, nicht um zusätzliches Geld.

Für Projekte, deren Ziel es sei, „Migration zu verhindern“, hat der EUTF seither nach Zählung von Oxfam über eine Milliarde ausgegeben. Das ist mehr als ein Viertel des bislang ausgegebenen Gesamtvolumens. Lediglich 1,5 Prozent (56 Millionen Euro) seien für sichere und legale Zugangswege für Flüchtlinge und MigrantInnen vorgesehen – sei es nach Europa oder innerhalb des afrikanischen Kontinents.

Mobilität und Entwicklung gehen Hand in Hand. Wenn die Menschen reisen und arbeiten können, hat dies positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Diesen Zusammenhang blendet der EU-Treuhandfonds aus“, sagt der Autor des Berichts, Raphael Shilhav
Hinzu komme: Innerhalb der EU werde der Erfolg von Entwicklungsprojekten zunehmend danach bemessen, ob sie Migrationsbewegungen reduzieren − und nicht mehr an dem Entwicklungsnutzen, den das Projekt für die Menschen vor Ort hat, so Oxfam.

In Libyen würden durch die Migrationskooperation der EU „Menschenhandel und willkürliche Inhaftierung von Flüchtlingen unter lebensunwürdigen Bedingungen weiter angeheizt“. In den Ländern der Sahelzone würde Geld dafür ausgegeben, die Bewegungsfreiheit von Menschen einzuschränken, statt die Anpassung an den Klimawandel zu fördern.

Entwicklungsgelder würden im Rahmen des EUTF Afrika außerdem zunehmend als Hebel eingesetzt, um politischen Druck auf afrikanische Regierungen auszuüben, damit sie europäischen Forderungen nach einer stärkeren Bekämpfung irregulärer Migration nachkommen, so Oxfam. Das führe zu Spannungen zwischen der EU und afrikanischen Regierungen.

Die EU-Kommission verweist darauf, mit dem EUTF in 26 afrikanischen Ländern rund 277.000 Menschen bei „Aktivitäten“ unterstützt zu haben, die ihnen ein Einkommen verschaffen sollen. 7,2 Millionen Menschen hätten durch die Projekte „einen verbesserten Zugang zu grundlegenden sozialen Dienstleistungen“ erhalten.

Christian Jakob, TAZ |30.01.2020

Studie zur EU-Entwicklungspolitik: Geld geht in die Migrationsabwehr