Nach absurden Marathon-Verhandlungen mit Italien und Malta hat die „Alex“ nach Ausrufung der Notsituation an Bord Kurs auf Lampedusa genommen und dort kurz nach 17 Uhr angelegt. An Bord des Segelschiffs der Seenotrettungs-NGO „Mediterranea Saving Humans“ befinden sich 46 Gerettete
Seenotrettung und Schurkenstaat
In den vergangenen Tagen hatte die italienische Justiz gegenüber der „Sea Watch 3“ wieder ein Mindestmaß an Rechtssicherheit eingeführt. Mit der Externalisierung der Seenotrettungskriminalisierung an den Schurkenstaat Malta hätte die komplette Besatzung samt Parlamentarier in der Haft verschwinden – und die geretteten Boat-people wären mit einer Push-Back-Aktion sonst wohin gebracht worden.
„Das war ein Notruf“ – Der Freitag
Die Kriminalisierungskampagne, die nun ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, hatte bereits im Frühjahr 2017 begonnen: Erst behauptete der Direktor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex, Fabrice Leggeri, das Retten würde das Schlepper-Geschäft befeuern, bald der italienische Staatsanwalt Carmelo Zuccaro, Schlepper und NGOs würden direkt zusammenarbeiten.
Staatsanwalt von Agrigento zerpflückt Migrationspolitik von Salvini
Gleich in drei Punkten hat der Staatsanwalt von Agrigento, Luigi Patronaggio – Ankläger im Verfahren gegen C. Rackete – den migrationspolitischen Positionen des italienischen Innenministern widersprochen. Bei einer Anhörung im italienischen Abgeordnetenhaus stellte er klar, dass Libyen kein sicherer Hafen ist, dass es keine Belege für Kontakte zwischen Schleppern und den NGO-Rettungsbooten gibt und das eigentliche Problem nicht die privaten Retter, sondern die ‚Phantomboote‘ sind, die ungehindert an italienischen Küsten anlegen können. Insgesamt gäbe es in Italien ohnehin keine Migrationskrise, weshalb das Sicherheitsdekret 2 jeglicher Grundlage entbehrt.
Carolas Staatsanwalt und der libysche Lagerkommandant
Carolas Staatsanwalt Luigi Patronaggio hatte zuvor gegen den italienischen Innenminister Matteo Salvini wegen Freiheitsberaubung der Geretteten der „Diciotti“ ermittelt. Das Parlament hatte das Strafverfahren gegen den Innenminister gestoppt. Nun hat derselbe Staatsanwalt einen wahren juristischen Schatz in der Hand – gegen Salvini und gegen die EU-Beauftragung libyscher Küstenmilizen mit der Drecksarbeit der Lager und der Abschottung. Die Causa Carola kann zur Causa Bija und zur Causa EU-Libyen werden. Wenn der Staatsanwalt will, darf und kann.
Italien: Sea Watch 3 läuft in italienische Hoheitsgewässer ein
Nachdem die italienische Regierung im stillen Einverständnis mit der EU der Sea-Watch 3 zwei Wochen lang die Landung im Hafen von Lampedusa verwehrt hat, hat sich die NGO heute entschieden, sich über das Verbot hinwegzusetzen und in italienische Hoheitsgewässer einzufahren. Kapitänin Carola Rackete und ihre Crew hatten vor 14 Tagen 53 Menschen aus Seenot gerettet, aber weder in Malta noch in Italien einen sicheren Hafen gefunden. Die italienische Marine hatte elf Migrant*innen, die am Rande ihrer Kräfte waren, nach Lampedusa gebracht, die verbliebenen 42 Boat-people mussten seitdem in Sichtweite der Insel auf dem Mittelmeer ausharren. Die Entscheidung, Lampedusa jetzt auch ohne Zustimmung der Hafenbehörde, sprich des Innenministeriums anzusteuern, begründet die Kapitänin mit der Notsituation an Bord. Migrant*innen und Geflüchtete hatten mit Hungerstreik und Suizid gedroht, viele seien traumatisiert. Bei der Einfahrt drohen der Crew der Sea-Watch 3 hohe Geld- und Gefängnisstrafen sowie die Beschlagnahmung des Schiffs.
Gier nach Repression gegen Seenotrettung
Die regierungsnahe italienische Tageszeitung Il Giornale startet mit zwei Artikeln eine Hetzkampagne gegen Seenotretter, die in Stil und Inhalt an die Demagogie der Nazi-Zeit erinnert. Hinter dem Elend steckten demnach die großen Manipulatoren – Padre Zerai und Alarmphone – und die Gold-Eier-NGOs.
Sea Watch aktuell: Barbaren gegen Seenotrettung
Momentan wartet die „Sea Watch 3“ vor den italienischen Gewässern bei Lampedusa. Es ist wohl wiederum die Aufgabe der Staatsanwaltschaft Agrigent, das Schiff vorübergehend zu beschlagnahmen, um die Geretteten an Land zu bringen. Politisch geht die italienische Regierung mit einer unerhörten Hetze in die Konfrontation.
Seenotrettung: Drei neue staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Salvini
Drei Staatsanwaltschaften haben erneut Ermittlungen gegen den italienischen Innenminister Matteo Salvini aufgenommen. In allen drei Fällen geht es wiederum um den Versuch, die Seenotrettung gänzlich zu unterbinden oder zumindest die Anlandung von Geflüchteten, insbesondere von Minderjährigen, zu verhindern.
Italien: Innenministerium contra Justiz
Die Spannungen zwischen italienischem Innenministerium und Teilen des Justizapparats nehmen zu. Nach der Kontroverse zwischen Salvini und der Staatsanwaltschaft in Agrigento wegen der Beschlagnahme der Sea-Watch 3 hat das Innenministerium lt. Corriere della Sera nun eine Liste pro-migrantischer Richterinnen angefertigt, die in den letzten Wochen Urteile gesprochen haben, mit denen sie sich über Anordnungen des Viminale hinweggesetzt haben.