Am 07.09.2019 befand Mahamadou Issoufou, nigrische Staatschef und derzeitige Präsident der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), dass das Statut von Kidal – der malische Friedensschluss 2015 zwischen dem aufständischen Nord-Mali (Azawad) und dem malischen Nationalstaat – eine Bedrohung der inneren Sicherheit Nigers darstelle. Maman Sidikou (Burkina Faso), Generalsekretär der französisch-internationalen Militäroperation „G5-Sahel“, stimmte ihm Mitte September 2019 zu, ebenso die ECOWAS auf ihrer Konferenz in Ougadougou am 14.09.2019. Ein anwesender Vertreter des Tschad plädierte für ein militärisches Vorgehen gegen Nord-Mali. Schließlich sagte die malische Regierung die regelmäßige Friedenskonferenz mit Nord-Mali, geplant für den 17.09.2019, einfach ab.
Algier, Kairo, Rabat: „Harraga“-Demonstrationen
Deutlicher als zu Beginn der Arabellion 2010/2011 verbünden sich in diesen Monaten auf den Straßen Nordafrikas drei sehr verschiedene soziale Schichten oder Strömungen unter dem solidarischen Schirm der Harraga-Bewegungen.
Libyen: Selbstverbrennung aus Protest gegen KZ und EU-UNHCR-IOM
Ein somalischer Geflüchteter hat sich in Tripolis mit Benzin überschüttet und hat sich verbrannt, nachdem ihm mitgeteilt worden war, dass er nicht auf der UN-Flüchtlingsliste fürs Resettlement stand. Er starb im Krankenhaus. Zwei Jahre Flucht durch drei Länder hatte er hinter sich. Er war von Menschenhändlern mehrmals verkauft worden und hatte überlebt, als bei der Mittelmeerpassage das Schlauchboot unterging. Die sogenannte libysche Küstenwache hatte ihn zurück ins Internierungslager der regierungsnahen Milizen in Tripolis deportiert.
#WeWantToLiveTogether: Demoaufruf gegen Abschiebung und Repression in der Türkei
Die neugegründete Initiative Birlikteyasamakistiyoruz (WeWantToLiveTogether) ruft zu einer Solidaritäts-Demonstration am kommenden Freitag auf. Damit stellt sie sich dem türkischen Abschieberegime entgegen. Erst vergangene Woche war eine Demo von Nationalist*innen angegriffen worden.
#DesertMarchAgadez – junge Sudanesen in Agadez protestieren
Am Donnerstag, den 18. Juli 2019 verließen zahlreiche minderjährige Sudanesen das UNHCR-Flüchtlingslager in Agadez, Niger und demonstrierten mit einem eintägigen Wüstenmarsch gegen ihre prekären Lebensbedingungen. Im Besonderen machten sie darauf aufmerksam, dass ihre Asylprozeduren nicht vorwärts gingen, die Lebensbedingungen im Lager schlecht und die Versorgung mit Nahrungsmitteln unzureichend seien sowie dass die UNHCR-Verantwortlichen keine Lösungen bereitstellten.
Paris: Hunderte Migranten besetzen Pantheon
Mehrere hundert Migranten haben am Freitagnachmittag das Pariser Panthéon besetzt. Sie forderten bessere Lebensbedingungen und Unterkünfte für Geflüchtete ohne Papiere und verlangten ein Gespräch mit Frankreichs Premier Édouard Philippe. Sie verurteilten, dass Tausende Wohnungen in Paris leer stünden, während sie selbst in Zelten an der Autobahn schlafen müssten. „Papiere und Unterkünfte für alle“, hieß es in einem auf Twitter verbreiteten Schreiben der Gruppierung, die zu dem Protest aufgerufen hat.
Algeriens Ausstrahlungskraft und der Dschihadismus in der Sahara
Die sozialen wie politischen Mobilisierungen in Algerien und im Sudan könnten nicht nur die beiden jahrzehntealten Regime ins Wanken bringen, sondern haben auch enorme Auswirkungen auf den sozialen Wandel in Nordafrika und die Sahara. In folgendem Interview regt Jean-François Bayart dazu an, die säkular ausgerichteten nordafrikanischen Küstenproteste mit den dschihadistischen Aufständen im Sahel als Ausdruck des sozialen Widerstands gegen die forcierte Kapitalakkumulation zusammenzudenken. Die Jugendlichen organisieren sich nach Prinzipien der sozialen Nähe und begehren damit auch auf gegen traditionalistische Hierarchien.
Rettungsweste für Berlins größte Statue
In einer spektakulären Kletteraktion haben Aktivist*innen in Berlin am Freitagmorgen (17.5.19) in Solidarität mit der Seenotrettung auf dem Mittelmeer die 30m hohe Skulptur „Molecule Man“ auf der Spree mit einer riesigen orangen Rettungsweste und Augenbinden bekleidet. Parallel bekundeten vorbeifahrende Schiffe und Aktivist*innen auf der angrenzenden Elsenbrücke am Treptower Park ihre Solidarität mit Transparenten und prangerten die tödliche Migrationspolitik der Europäischen Union an.
Algerien, Mostaganem: Hafenstreik seit über 10 Tagen
Der Hafen von Mostaganem wird seit über 10 Tagen bestreikt. Die Hafenarbeiter fordern die Entlassung des Geschäftsführers des Hafenunternehmens, die Vertragserneuerung betroffener Arbeiter, eine Lohnerhöhung um mindestens 20 Prozent und die Aufhebung der Arbeits-Suspendierung von zwei Arbeitern.
Algerien 8. Mai: Wiederaneignung der Geschichte
Das Schlüsselereignis für den algerischen antikolonialistischen Aufstand war der 8. Mai 1945. Nach der Befreiung Europas und Teilen Nordafrikas von der deutschen nationalsozialistischen Herrschaft ging die algerische Bevölkerung auf die Straße, um die erwartete Freiheit auch vom kolonialen Joch zu feiern. In Sétif und anderen Städten eröffneten französische Besatzer das Feuer und erschossen zehntausende Menschen. Am 8. Mai 2019 verjagten Demonstrant*innen lokale und nationale Politiker von den Erinnerungskundgebungen in diesen Städten.