Nach den IOM-Zahlen erreichten im März, dem ersten Monat der Corona-Krise, nur noch 343 Migranten die EU-Küste über die Zentralroute: ein deutlicher Einbruch im Vergleich zum Januar (1643) und Februar (1899). Dabei ertranken im Januar sechs, im Februar 109 und im März 18 Menschen.

Die libysche Küstenwache hat laut einem WELT vorliegenden internen Bericht der EU-Kommission im ersten Quartal bereits rund 2500 Flüchtlinge und andere Migranten vom Meer zurück an die Küste gebracht. […]

Nach dem aktuellen EU-Bericht werden die Ausbildungsmissionen der libyschen Küstenwache durch europäische Beamte aber auch während der Corona-Krise fortgesetzt. Zudem häufen sich Berichte über private Handelsschiffe, die im Meer aufgegriffene Migranten wieder nach Libyen zurückschleppen. […]

Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags befasste sich zu Monatsanfang mit diesem Problem. Demnach verstoßen Handelsschiffskapitäne, die aus Seenot gerettete Menschen nach Libyen bringen, nicht gegen das völkerrechtliche Verbot der Zurückweisung in einen Verfolgerstaat, da dieses Verbot nur für staatliche Akteure gelte. Allerdings sollte nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes kein Bußgeld verhängt werden, wenn Kapitäne schiffbrüchige Migranten entgegen der Anweisung der libyschen Küstenwache nicht in das Land zurückbringen. Wer sich aufgrund menschenrechtlicher Bedenken weigere, Gerettete aus dem Meer nach Libyen zurückzubringen, dürfe dafür nicht belangt werden.

Die Welt | 31.03.2020

Zentrales Mittelmeer: Weniger Passagen