Die Herrschaft des alten Regimes löst sich auf. Immer mehr Minister werden auf Fahrten von ihrem Regierungssitz in Algier zu Beratungs- und Propagandaeinsätzen im Lande schon an den jeweiligen Flughäfen abgefangen, mit Parolen und Eierwürfen empfangen, so dass sie ihre Reisevorhaben abbrechen müssen. Immer mehr Richter, Bürgermeister und Kommunen erklären, dass sie die Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahl am 4. Juli 2019 nicht mittragen, also keine Wählerlisten bereitstellen und keine Aufsicht über die Wahlen führen werden, weil die Wahlen unter Leitung des neu eingesetzten Präsidenten Bensalah stattfinden sollen. Bensalah ist als Organisator früherer Wahlfälschungen bekannt.

Die Festgenommenen des vergangenen Samstag wurden am selben Tag in Polizeireviere in Algier verfrachtet. Die vier jungen Frauen mussten sich komplett ausziehen. Ihre Haare wurden untersucht. Die jungen Männer wurden nicht dieser Prozedur unterzogen. Sie hatten sich in Cafes nahe der Grande Poste getroffen, das zum städtischen Protestzentrum geworden ist, und wurden in den Cafes oder an der Grande Poste verhaftet. Um 1 Uhr nachts wurden sie wieder freigelassen. Inzwischen protestiert auch Amnesty International gegen diese spezielle Behandung junger Frauen durch die Polizei in Algier. Wie soeben gemeldet wird, wurden am Montagabend erneut junge Leute an der Grande Poste festgenommen.

Zudem wurde bekannt, dass am Freitag der Millionen-Protestdemos Polizisten auf den Dächern der Innenstadt Algier postiert worden waren, die von dort Tränengas auf die dichte riesige Menschenmenge unter ihnen verschossen haben.

TSA Algérie | 15.04.2019

Algerien: Legitimation der Herrschaft in Auflösung