Die Rettungsschiff von SOS Méditerranée und Médecins Sans Frontières, MSF hat den Hafen von Marseille verlassen, um die Rettungseinsätze vor der libyschen Küste wieder aufzunehmen. Es soll heute Abend dort eintreffen. Italiens Innenminister Salvini hat per Twitter wissen lassen, dass die Aquarius in italienischen Häfen nicht anlegen dürfe: Porti chiusi!

[…] „Unsere Reise muss ein Ende haben“, betont Alessandro Porro von SOS Méditerranée. Der 38-jährige Italiener war 20 Jahre Notfallsanitäter und ist nun Techniker an Bord. Für ihn ist die Aquarius nicht die Lösung, sondern nur „ein Pflaster auf einer offenen Wunde“. Für Porro wäre es Aufgabe der Staaten, Menschen aus Seenot zu retten. Er verweist auf die einjährige EU-Operation „Mare Nostrum“, als von 2013 bis 2014 speziell ausgerüstete Such- und Rettungsschiffe im Mittelmeer unterwegs waren. Dass die Operation durch den Einsatz „Triton“ der EU-Grenzschutzeinheit Frontex ersetzt wurde, kritisiert er: „Frontex ist für Rettungsmissionen nicht ausgerüstet.“

Ähnlich argumentiert Aloys Vimard, MSF-Projektkoordinator an Bord: „MSF ist in 72 Ländern im Einsatz, und in Wahrheit sind wir nicht die Lösung, sondern die Staaten müssten Lösungen finden.“ Der Vorschlag des österreichischen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), Asylanträge an Bord der Rettungsschiffe prüfen zu lassen, ist für Vimard „absurd“. Für ihn würde das bedeuten, dass man Menschen animiere, die gefährliche Reise übers zentrale Mittelmeer auf sich zu nehmen, um Asylschutz zu erhalten. […]

Berührende Dokumentation

Die Aufgabe von SOS Méditerranée und MSF ist aber nicht nur die Rettung und medizinische Betreuung der Menschen in Seenot, sondern auch die Dokumentation der Aussagen der Geretteten. In Ordnern in der Kajüte des Projektkoordinators werden die Erlebnisse der Menschen an Bord so, wie sie diese den Helfern erzählen, festgehalten. Die meisten Erinnerungen beginnen mit Gewalt in Libyen. Dabei kommt es nicht darauf an, woher die Menschen stammen. Es sind Aufzeichnungen über Vergewaltigungen und Zwangsprostitution von Frauen oder Jugendlichen, die verschleppt und gefoltert wurden, um Geld bei ihren Eltern zu erpressen. […]

derStandard | 18.09.2018

Aquarius auf dem Weg in die libysche Such- und Rettungszone