In Tetouan wurde gestern Abend der 32-jährige Soufian Al-Nguad zu zwei Jahren Gefängnishaft verurteilt, weil er zu Protest gegen die tödlichen Schüsse auf Harragas am 25.09.2018 aufgerufen hat. Über 20 Weitere warten in gleicher Sache auf ihre Prozesse. Ein Kriegsschiff der marokkanischen Marine hatte am 25.09.2018 auf marokkanische Boat-people mit Schnellfeuer geschossen und dabei die Studentin Hayat Belkacem erschossen sowie drei Weitere verwundet. Unmittelbar darauf haben Fußballfans und Linke in Tetouan, der Herkunftsstadt von Hayat Belkacem, vor einem Fußballspiel sowie im Stadion gegen diese Repression demonstriert. Dabei schwenkte eine Person eine spanische Fahne, andere riefen dazu auf, dem marokkanischen königlichen Machtapparat sowie den Nationalstaaten eine Absage zu erteilen. Offensichtlich knüpften sie an die laufenden Demonstrationen von 10.000 bis 20.000 Slumbewohner*innen in Casablanca an, die in den Tagen zuvor gegen die blitzartige Massendemolierung ihrer Behausungen – durchgeführt mit Bulldozern, flankiert von Hubschraubern und Scharfschützen – protestiert hatten. Die Demonstrant*innen hatten ein Manifest aufgesetzt, in dem sie bekundeten, dass sie an der 400 km langen Küste in die spanische Stadt Ceuta wandern und dort um politisches Asyl nachsuchen wollten. Ihr Protestmarsch wurde polizeilich-militärisch gestoppt. Sie riefen ebenfalls Parolen gegen das königliche Machtzentrum und gegen die Nationalstaaten.

Neben Tetouan und Casablanca kam es in der Folge auch im Fußballstadion der südmarokkanischen Stadt Agadir zu Protestbekundungen der gleichen Stoßrichtung.

Inzwischen befinden sich über 20 Personen diese Proteste von Tetouan bis Agadir in Haft, ihnen droht laut marokkanischen Massenmedien eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren .

Marokko: 2 Jahre Haft wegen Protest gegen tödliche Schüsse auf Harragas