Die Aufrüstung in der Ägäis nimmt neue Formen an. Nachdem Frontex im August 2019 einen Aerostaten zur Überwachung der türkisch-griechischen Grenze erprobt hat, soll nun, wie Der Spiegel berichtet, für ähnlich hohe Kosten, um 500.000 €, ein 2,7 km langer schwimmender Zaun errichtet werden.

[…] Das Verteidigungsministerium hat nach SPIEGEL-Informationen vier griechische Unternehmen gebeten, bis zu diesem Mittwoch ein Angebot für eine entsprechende öffentliche Ausschreibung abzugeben. Das Unternehmen, das den Auftrag erhält, soll demnach innerhalb von drei Monaten nach Vertragsunterzeichnung liefern.

In der Ausschreibung wird das Errichten der Barriere als „äußerst dringend“ bezeichnet. Es bestehe die „dringende Notwendigkeit, die zunehmenden Flüchtlingsströme einzudämmen“. […]

Nach SPIEGEL-Informationen soll die geplante Barriere von den griechischen Streitkräften angebracht werden, die seit Kurzem im Umgang mit den Flüchtlingen aktiver werden. Die netzartige Hürde soll einen Meter aus dem Wasser ragen und unter Wasser etwa einen halben Meter tief reichen. […9

Der Spiegel | 30.01.2020

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Griechenland hat zur Abwehr von Flüchtlingen eine schwimmende Barriere ausgeschrieben

Geplant ist zunächst ein schwimmendes „Schutzsystem“ vor der Küste von Lesbos, um die seit letzten Jahren wieder steigenden Flüchtlingszahlen aus der Türkei abzuhalten

[…] Die Kosten werden für das schwimmende Schutzsystem auf eine halbe Million Euro festgelegt, inklusive der Wartung über einen Zeitraum von 4 Jahren. Sie soll einen halben Meter aus dem Meer ragen und nach den Vorschriften für die internationale Schifffahrt beleuchtet sein, wie aus dem staatlichen Ausschreiben an Firmen bekannt wurde. Wenn die Barriere sich als wirksam erweist, soll sie weiter ausgebaut werden und 13-15 km lang werden. In der Ausschreibung des griechischen Verteidigungsministeriums heißt es, dass die Barriere „das Vorhaben, das nationale Territorium zu betreten, beschränken und, wenn notwendig, verhindern wird, um den immer weiter wachsenden Migranten- und Flüchtlingsströmen zu begegnen“.

Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos verteidigte den Plan. Die Ausschreibung für schwimmende Barrieren gehe in die richtige Richtung. Man werde sehen müssen, welchen Erfolg dies als „Abschreckung“ praktisch habe werde: „Es wird eine natürliche Barriere sein. Wenn sie so funktioniert wie in Evros, kann sie wirksam sein.“ Am Fluss Evros hat Griechenland 2012 an der Landesgrenze zur Türkei eine 120 km lange Mauer aus Beton und Stacheldrahtzaun errichtet. Das hat die Flüchtlingsströme dort sehr reduziert, aber seitdem kommen die Flüchtlinge über die gefährlichere Meeresroute.

Allerdings wird von Kritikern der Maßnahme darauf hingewiesen, dass die Barriere mit einer Länge von 2,7 km alles andere als ein Hindernis ist, da sie leicht zu umfahren wäre und nur einen kleinen Teil der Küstenlänge „schützt“. Die Frage ist, inwieweit auch der normale Schiffsverkehr dadurch behindert wird, vor allem aber auch, in welcher Entfernung von Lesbos sie angebracht werden soll. Überlegt wird, ob die griechische Regierung damit das griechische Territorialgewässer, das nach dem Seerechtsübereinkommen 6 Seemeilen von der Küste ins Meer reicht, vergrößern will, also ob die Flüchtlinge nur vorgeschoben sein könnten, um andere Ziele zu erreichen, etwa in Bezug auf die Spannungen mit der Türkei. Wahrscheinlich will die Regierung erst einmal testen, wie eine solche Mauer im Meer international ankommt. […]

Telepolis | 30.01.2020

Ägäis: Ein Zaun durchs Mittelmeer?