Auf dem Mittelmeer ändern offenbar viele Handelsschiffe ihren Kurs, um keine Flüchtlinge aus Seenot retten zu müssen.

Markus Schildhauer von der Deutschen Seemannsmission sagte dem Evangelischen Pressedienst, die Reedereien nähmen längere Routen und damit höhere Kosten in Kauf, um sich nicht dem Vorwurf der indirekten Schlepper-Hilfe auszusetzen. Schuld sei vor allem Italien, das Seenotrettung kriminalisiere.

Kapitäne sind laut internationalem Seerecht zur Rettung von Menschen aus Seenot verpflichtet. In den Jahren 2015 und 2016 nahmen Handelsschiffe insgesamt 110.000 Menschen auf, deren Schlauchboote im Mittelmeer trieben.

Für die Besatzungen seien solche Einsätze oft traumatisierend gewesen, sagte Schildhauer, der das Seemannsheim im ägyptischen Alexandria leitet. Die Seeleute hätten erlebt, wie Boote gekentert und Menschen ertrunken seien, ohne dass sie helfen konnten.

DLF | 14.07.2019

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Reeder ändern Routen, um nicht auf Flüchtlingsboote zu treffen

[…] Einen weiteren Grund für das Ändern der Routen sieht Schildhauer in Erfahrungen in der Vergangenheit. Eine Reihe von Frachtschiffen habe versucht, Flüchtlinge aufzunehmen. Aber Schiffsbesatzungen, die versuchten, die ausgelaugten Menschen an Bord zu holen, hätten erleben müssen, wie die Menschen keine Kraft mehr hatten, die hohen Schiffswände zu erklimmen, wie Boote kenterten, ohne dass die Seeleute Hilfe leisten konnten. […]

2015 retteten Handelsschiffe laut Schildhauer 50.000 Menschen aus dem Mittelmeer, 2016 waren es 60.000. „Heute haben sich die Flüchtlingsrouten geändert“, sagte er. Aber bei den Seeleuten schwinge immer noch die Angst mit, auf ein Flüchtlingsboot zu treffen. […]

WELT | 14.07.2019

„Handelsschiffe ändern ihre Routen, um Kontakt zu meiden“