„Die Militäreinsätze sind nicht nur Teil der Lösung für die Krise in der Sahelzone, sondern ebenso ein Teil des Problems. 80.000 der Vertriebenen in Mali geben an, dass sie wegen der Militäroperationen fliehen mussten.“ So heißt es in einer Pressemittelung von Oxfam und „Aktion gegen den Hunger“.

In einem Interview mit dem DLF  entwirft Anja Osterhaus, Oxfam, ein differenziertes Bild der militärischen Lage in Mali:

„Die Lage in der Sahel-Zone hat sich im Lauf des letzten Jahres dramatisch verschlechtert“, meinte Osterhaus. Ausgegangen sei die Krise im Norden von Mali im Jahr 2012. Mittlerweile habe sie sich nicht nur ausgedehnt in das Landesinnere von Mali, sondern auch in die Grenzregionen zu Niger und Burkina Faso. Alleine in Burkina Faso gebe es eine Verzehnfachung von Menschen auf der Flucht, also eine halbe Million.

Die Menschen würden zunehmend zwischen die Fronten der brutal agierenden Rebellengruppen und den militärischen Kräften geraten, sagte Osterhaus. Die Zivilibevölkerung fühlt sich komplett ungeschützt. „Wir können nicht von einer zunehmenden Stabiliserung der Region sprechen, die ja eigentlich das Ziel dieser Operation war“, sagte Osterhaus.

„Ausgegangen ist die Krise ja im Norden von Mali 2012 und mittlerweile hat sie sich ausgedehnt nicht nur in das Landesinnere des Landes Mali, sondern auch auf die Grenzregion zu Burkina Faso und Niger. Wir haben alleine in Burkina Faso eine Verzehnfachung von Menschen auf der Flucht. Mittlerweile ist es über eine halbe Million von Menschen, die dort nicht mehr an ihren Orten, in ihren Dörfern leben können, weil sie dort vertrieben wurden durch Rebellengruppen. Die Menschen geraten zunehmend auch zwischen die Fronten, zwischen die Fronten zwischen den dort agierenden, auch oft brutal agierenden Rebellengruppen und den militärischen Einsätzen der diversen Kräfte, die dort aktiv sind. Die Zivilbevölkerung fühlt sich zum großen Teil wirklich komplett ungeschützt und wir können wirklich nicht von einer zunehmenden Stabilisierung der Region sprechen, die ja eigentlich das Ziel dieser Operationen war. […]

(Die Situation) wird immer komplizierter und die Gemengelage wird auch dadurch komplizierter, dass wir mittlerweile es mit einer Vielzahl von verschiedenen Rebellengruppen zu tun haben, und die sind nicht unbedingt alle unter dem Label Terrorismus zusammenzufügen. Zum Beispiel schließen sie zum Teil Menschen in den von Überfällen betroffenen Gemeinden zusammen, um sich selbst zu verteidigen, weil sie nicht von den Sicherheitskräften vor Ort sich geschützt fühlen. Von daher ist es wirklich kompliziert und eine ausschließlich militärische Antwort und Verstärkung der Militärpräsenz ist definitiv nicht die Lösung des jetzigen Konflikts. […]

Wir würden nicht so weit gehen zu sagen, das Militär muss abgezogen werden. Wir sind aber wirklich davon überzeugt, dass bei dem aktuellen Militäreinsatz der Schutz der Zivilbevölkerung ins Zentrum gestellt werden muss und auch die Einhaltung des internationalen Völkerrechts. Das ist leider nicht immer der Fall. Es gibt auch Hinweise darauf, dass selbst die Sicherheitskräfte Übergriffe verüben auf bestimmte gerade ethnische Gruppen in Teilen dieser Länder, und das ist wirklich völlig inakzeptabel. An diesen Stellen muss unbedingt das Völkerrecht eingehalten werden. […]

Wie gesagt, es geht ja nicht nur um terroristische Gruppen. Die gibt es, aber die Gemengelage ist wirklich sehr komplex und es gibt sehr viele verschiedene Gruppen und auch verschiedene Gründe, warum die Menschen überhaupt zu den Waffen greifen. Das sind oft wirklich Menschen, die verzweifelt sind, die sich allein gelassen fühlen, die sowieso unter Armut und Ungleichheit leiden, die in der Region vorherrschen, und die aus Verzweiflung und Enttäuschung über die staatlichen Kräfte, die sie nicht ausreichend unterstützen, auch in der Selbstverteidigung zu Waffen greifen.

DLF | 13.01.2020

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Das Institute for Security Studies (ISS) hat die prekären Aussichten der G5 Sahel Gruppe in einer Studie untersucht. Die Fixierung auf einen „highly militarizes approach“ wird problematisiert.

The G5 Sahel Region: A Desert Flower?

[…] At the centre of the region’s complex problems is the low quality of governance. The G5 Sahel countries struggle with state building, which stems from the legacy of colonisation. This is aggravated by the large geographical size of the countries, coupled with limited resources that reduce government capacity as the centre-periphery divide widens. Decades of bad governance accentuated by poor accountability mechanisms has also perpetuated economic difficulties and increased the sense of marginalisation in some communities.

While the G5 Sahel has acknowledged the link between development, security and governance through its Priority Investment Program (PIP), responses to the region’s manifold challenges have been fixated on a highly militarised approach. […]

ISS | 15.01.2020

 

Militäreinsätze im Sahel „Teil des Problems“