Bericht von Erich Rathfelder in der TAZ 05.08.2019 über die Flüchtlingslager im bosnischen Bihać:

[…] Im Augenblick seien es 5.000 oder mehr Migranten, die es über die Türkei, Griechenland oder Serbien geschafft hätten, herzukommen.

„Täglich kommen mehr, bei uns sammeln sich die Menschen.“ Er deutet vom Fenster seines Büros auf den Plješevica-Gebirgszug, der sich mit seinem Fichten- und Laubwald westlich der Stadt erhebt. „Die Leute aus Pakistan, Afghanistan, Syrien und Marokko wollen dort oben hin, an die Grenze mit Kroatien, weiter nach Westen, in die EU. Nur weg von hier, aber das können sie nicht. Auf unserer kleinen Stadt lastet das Migrationsproblem Europas.“ Überall in Bihać sind die Migranten präsent. […]

Bihać ist ein beschaulicher Ort. Noch vor kurzer Zeit war er sehr attraktiv für Touristen aus der Region, aus Europa und sogar aus Saudi-Arabien. Seit die Migranten hier sind, ist der Tourismus zurückgegangen. Die Stadt will sie von hier weghaben, raus dem Zentrum, deshalb entschied sie bereits im vorigen Jahr, Lager in der Peripherie zu errichten. Die Migranten wurden zum Teil in den Werkhallen der ehemaligen Elektrofirma Bira untergebracht. […]

Internationale Organisationen, wie die IOM (International Organisation for Migration), helfen bei der Versorgung der Menschen. „Diese Lager platzen aus allen Nähten“, sagt Rotkreuz-Chef Midžić. Mitte Juni stimmte der Stadtrat für die Errichtung eines weiteren Flüchtlingslagers: Vučjak, das neue Lager, liegt auf einer ehemaligen Mülldeponie. […]

Jeden Tag machen sich Flüchtlinge auf den Weg durch Wälder und die Minenfelder der ehemaligen Frontlinie. Manche in Gruppen bis zu 30 Leuten. Doch die wenigsten kommen durch. „Sieh mal“, sagt Aspaver und führt mich zu einem Zelt des Roten Kreuzes. In einer ordentlichen Schlange warten ein Dutzend Männer auf die Behandlung. Die meisten von ihnen sind an den Beinen verletzt. […]

Nur jene, die 1.000 bis 3.000 Euro aufbringen können, um einen Schleuser mit guten Kontakten zu kroatischen Polizisten“ zu bezahlen, hätten eine bessere Aussicht, doch noch nach „Europa“ zu gelangen.

taz | 05.08.2019

Bihać: „Auf die Müllhalde verfrachtet“