In einer spektakulären Kletteraktion haben Aktivist*innen in Berlin am Freitagmorgen (17.5.19) in Solidarität mit der Seenotrettung auf dem Mittelmeer die 30m hohe Skulptur „Molecule Man“ auf der Spree mit einer riesigen orangen Rettungsweste und Augenbinden bekleidet. Parallel bekundeten vorbeifahrende Schiffe und Aktivist*innen auf der angrenzenden Elsenbrücke am Treptower Park ihre Solidarität mit Transparenten und prangerten die tödliche Migrationspolitik der Europäischen Union an.

Die Seebrücke Bewegung begrüßt dieses Zeichen eine Woche vor der Europawahl und ruft die Mitgliedsstaaten der EU dazu auf, dem Sterben auf dem Mittelmeer endlich ein Ende zu bereiten und nicht weiter wegzuschauen. #wakEUpnow

„In der Europa gehen die Menschenrechte im Mittelmeer unter. Solange die EU weiter wegschaut halten wir zivilen Ungehorsam für die einzige Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erregen. Erst recht jetzt, kurz vor der Wahl.“ (Kletteraktivistin)

In den letzten 5 Jahren starben mindestens 18.248 Menschen auf dem Mittelmeer, alleine 2019 liegt die offizieller Ziffer bisher bei 500. Während die EU ihre Abschottungspolitik vorantreibt und eine solidarische Aufnahme von Geflüchteten blockiert, schließen europäische Staaten ihre Häfen für zivile Rettungsboote und ihre Crew-Mitglieder werden systematisch eingeschüchtert und kriminalisiert. Erst letzte Woche wurde das Rettungsschiff Mare Jonio der NGO Mediterranea auf Sizilien festgesetzt. Gegen die Crew der Organisation Jugend Rettet, die Iuventa10, wird derzeit in Italien ermittelt und ihren Mitgliedern drohen bis zu 20 Jahre im Gefängnis. Andere Rettungsschiffe wie die Iuventa, die Aita Mari, die Open Arms und die Lifeline werden weiterhin festgehalten. Am Samstag letzter Woche durfte die Sea-Watch 3 nach illegaler Blockade durch die Niederlande den Hafen von Marseille verlassen und befindet sich als derzeit einziges Rettungsschiff wieder im Einsatz mit 65 gerettete Menschen an Bord.

Auch heute kommt es wieder darauf an und wir fordern von Deutschland und Berlin eine sofortige Aufnahme der geretteten Menschen! Von der EU fordern wir eine eigene Seenotrettungsmission, sichere Fluchtwege nach Europa und eine solidarische Verteilung der Geflüchteten unter den Mitgliedsstaaten.

Jetzt kommt es darauf an, Druck zu machen. Kurz vor der Europawahl fordern wir dazu auf: schaut nicht weg und beteiligt euch am 19. Mai an den deutschlandweiten Demonstrationen Ein Europa für Alle.

FOTOS UND VIDEOS der Aktion bei Umbruch-Bildarchiv.

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Kunstaktion zur Seenotrettung: Molecule-Man in Orange

Aktivisten der Bewegung „Seebrücke“ verpassen dem Wahrzeichen in der Spree eine Rettungsweste. Sie fordern sichere Fluchtwege in die EU.

Eine der bekanntesten Skylines Berlins sieht an diesem frühen Freitagmorgen anders aus als sonst. AktivistInnen haben den Molecule Man, eine aus drei Personen bestehende Statue, die vor der Oberbaumbrücke 30 Meter aus der Spree ragt, bekleidet, um die EU-Migra­tions­politik anzuprangern und auf die Situation der Flüchtlinge im Mittelmeer hinzuweisen: Eine Person trägt eine orangefarbene Rettungsweste, die andere eine schwarze Augenbinde. KletteraktivistInnen hängen an den Seilen und machen letzte Knoten. Auf der Elsenbrücke ist zu lesen: „Build bridges, not walls“. Das Floß „Anarche“ umkreist die Statue und hisst ein Segel, auf dem steht: „EU kills: 18.248 + ? lives taken“. […]

Auf der Elsenbrücke stehen mittlerweile nicht nur Presseleute und Passanten, sondern auch etliche Einsatzwagen der Polizei und Feuerwehr. Am Brückengeländer lehnt eine Schneiderpuppe, die selbst genähte Taschen aus orangen Stoff ausstellt. „Es war nicht einfach die 48 Quadratmeter große Rettungsweste zu nähen, die der Molecule Man heute trägt“, erzählt Saskia vom Projekt Kuniri, einer Nähakademie für Geflüchtete, die neben der Puppe steht. „Ein syrischer Mathelehrer hat uns den Schnitt für die 30 Meter hohe Statue ausgerechnet.“ Gemeinsam mit Geflüchteten hat sie die Weste in einem Club genäht. „Da war genug Platz.“

Maura schaut vom Ufer auf die Boote der Wasserschutzpolizei. „Es muss sichere Fluchtwege nach Europa und eine eigene Seenotrettungsmission der EU geben“, sagt sie. Die Aktion kritisiere auch das harte Vorgehen der EU gegen zivile Seenotrettungsorganisationen. […]

taz | 17.05.2019

Rettungsweste für Berlins größte Statue