Der türkische Öltanker „Elhiblu I“, der auf Anweisung der EU-Luftüberwachung des zentralen Mittelmeers 108 Boat-people in Seenot retten und zurück nach Libyen bringen sollte, wurde von einem maltesischen Einsatzkommando übernommen und fährt jetzt unter militärischer Begleitung nach Malta. Die 108 Boat-people hatten 6 Seemeilen vor Tripolis erreicht, dass der Öltanker kehrt machte und Kurs auf Malta und Italien nahm. Es verdichten sich die Hinweise, dass die sogenannte libysche Küstenwache vor, während und nach der Rettung „out of service“ war. Demnach erfolgte die Anweisung des Push-Back direkt von der EU-Luftüberwachung. Ein derartiges Refoulement zurück in die libyschen KZs ist durch die Genfer Flüchtlingskonvention ausdrücklich verboten. Mit anderen Worten: Die 108 Flüchtlinge, unter ihnen 31 Frauen und Kinder, haben sich erfolgreich und legitimerweise gegen die Entführung durch die EU-Staaten zurück nach Libyen gewehrt. In der Nacht waren zwei libysche Kriegsschiffe zur Verfolgung des Öltankers aufgebrochen. Daher musste die EU dieses Mal sehr schnell entscheiden, ob sie in der Weltöffentlichkeit das gewaltsame Refoulement nach Libyen oder doch die EU-Aufnahme organisiert. Die Anlandung soll in dem maltesischen Hafen Boiler Wharf um 8:30 h erfolgen.

La Marina maltese ha preso il controllo del mercantile che era stato dirottato dai migranti messi in salvo che si rifiutavano di essere riportati in Libia. Secondo quanto rende noto una dichiarazione delle Forze Armate di Malta un’unità delle operazioni speciali „è stata inviata a bordo e ha messo in sicurezza l’imbarcazione in modo da restituire il controllo della nave al capitano“.

Dei 108 migranti che il mercantile El Hiblu 1 ha salvato […], 77 sarebbero uomini e 31 donne e bambini, hanno riferito fonti del governo maltese. „Il mercantile, il suo equipaggio e tutti i migranti sono ora scontati dalla Marina militare al Boiler Wharf – continua il comunicato riferendosi ad un dei moli del porto della Valletta – per essere consegnati alla polizia per ulteriori indagini“. L’arrivo è previsto per le 8.30. […]

Huffington Post | 28.03.2019

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Updated | Tanker overpowered by migrants who refused to go back to Libya, in Malta

AFM Special Operations Unit team boards tanker that was overpowered by rescued migrants who refused to be turned back to Libya where they face persecution

108 people were boarded off the tanker, of whom 19 are women and 12 are children.

The tanker had earlier been boarded by the Armed Forces of Malta to wrest back control of the ship when it was overpowered in Libyan territorial waters after attempting to turn the rescued migrants back to Libya.

„The Armed Forces of Malta established communications with the captain of tanker El Hibru 1 when it was about 30NM away and still proceeding towards Malta. The captain repeatedly stated that he was not in control of the vessel and that he and his crew were being forced and threatened by a number of migrants to proceed to Malta,“ the AFM said.

AFM Patrol Vessel P21 stopped the tanker from entering Maltese territorial waters. A Special Operations Unit team boarded the vessel, backed up by AFM Patrol Vessel P51, two Fast Interceptor Craft, and one the AFM’s AW 139 helicopters. P21 kept on escorting and monitoring the tanker throughout the operation.

Refugees and migrants say they are beaten, raped and even sold as slaves in Libya. They are tortured by smuggling gangs in order to extort more money from their families back home. “No state can expel or push back refugees to countries in which their lives and liberty would be under threat,” said Mediterranea Saving Lives, a humanitarian NGO.

Sending the migrants back to Libya would constitute “not just a crime but an act of inhumanity. The ship should be immediately assigned a safe port in a European country where these people’s human rights will be guaranteed. They should not be treated like ‘pirates’ or criminals, but as asylum seekers who are fleeing the hell of detention camps in Libya,” the NGO said.

NGO Sea-Eye said only the Libyan Coast Guard is expected to rescue migrants in the Mediterranean, which it said put crew members of the El Hiblu 1 in a difficult situation. „The EU is putting an end to sea rescue; the Libyan Coast Guard is out of order; merchant ships must rescue and bring totally frightened people back to Libya, to become agents of illegal repatriation. The rescued persons have gone through hell and are now facing completely overwhelmed and unprepared crew members of a cargo ship, who have to explain to them that they are being returned to exactly the place they were trying to escape by risking their lives. The EU will have to take responsibility for this renewed escalation, if cargo ships have to take on government responsibilities which the Libyan Coast Guard is often unable to fulfill,“ said Gorden Isler, spokesman for Sea-Eye. […]

Malta Today | 28.03.2019

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„Zu viele Probleme hier an Bord…“

Die Besatzung eines Tankers nimmt im Mittelmeer 108 Menschen in Seenot auf. Die Flüchtlinge rebellieren gegen ihre Rückführung nach Libyen. Italiens Innenminister spricht von „Piraterie“, Malta schickt Soldaten.

[…] Schon am Dienstag war die „Alan Kurdi“, ein Schiff des Regensburger Vereins „Sea-Eye“ zur Rettung schiffbrüchiger Migranten im Mittelmeer, in die libysche Hoheitszone eingefahren, um 41 Menschen zu suchen, die seit zwei Tagen dort irgendwo, irgendwie auf dem Meer treiben sollen. Das jedenfalls hatten die Behörden von Malta gemeldet. Die deutschen Helfer boten den Leitstellen in Rom, Malta und Tripolis Unterstützung an. Malta versprach, sich später zu melden. Rom verwies an Tripolis. Aber dort waren leider gerade alle sieben amtlichen Seenot-Telefonnummern unbesetzt.

Während die ehrenamtlichen deutschen Helfer noch die 41 Schiffbrüchigen suchten, wurden sie – nach eigenen Angaben – „Zeugen mehrerer Seenotfälle im Osten von Tripolis“. Ohne zu wissen, wie diese endeten.

Es gibt vor Ort kaum noch Beobachter oder gar Helfer. Erst wurden die meisten privaten Hilfsorganisationen auf Druck der italienischen Regierung vertrieben. Jetzt hat auch die EU ihren Marineeinsatz vor der libyschen Küste gestoppt. Statt von Schiffen soll der Großraum künftig von Flugzeugen oder Drohnen überwacht werden. Die können natürlich keine Menschen aus dem Wasser ziehen.

Am Dienstagnachmittag hört die Crew der „Alan Kurdi“ den Funk zwischen einem europäischen Marineflugzeug und der „Elhiblu 1“ mit: Vom Flugzeug wird der Tanker-Kapitän aufgefordert, den Menschen auf zwei Schlauchbooten zu helfen. Sie seien in Lebensgefahr und die libysche Küstenwache sei „out of service“, also: nicht einsatzbereit. Der Kapitän gibt sein Okay und nimmt wenig später 108 Männer, Frauen, Kinder auf – er muss es nach dem Seerecht auch.

Doch er gerät nun selbst in große Probleme. Sein Ziel ist Tripolis, auch die Schiffbrüchigen soll er dorthin bringen. Aber die weigern sich beharrlich, zurück in die Hölle der libyschen Lager zu gehen. Wo ihnen droht – wie inzwischen von vielen Seiten mit Fotos und Dokumenten belegt wurde – ausgeraubt, vergewaltigt, gefoltert oder als Sklaven verkauft zu werden. Sie haben es einmal überstanden, sie wollen kein zweites Mal dorthin.

Auf der „Alan Kurdi“ hört man die Funksprüche des ratlosen Tanker-Kapitäns an seine Befehlsgeber im Flugzeug mit: „Die Menschen weigern sich, an Bord zu kommen“… „Sie wollen nach Europa“… „Die Leute hier sind völlig verrückt“. Dann, später: „Es ist sehr schlimm“… „zu viele Probleme hier an Bord“ … „Wenn Sie können, senden Sie mir ein anderes Schiff“. Aber es kommt kein anderes Schiff. Und der Kapitän soll ein Problem lösen, das er gar nicht lösen kann. Was soll er tun?

Er dreht und fährt gen Norden. […]

Spiegel Online | 28.03.2019

„Elhiblu I“ militärisch begleitet nach Malta – statt Refoulement nach Libyen