Laut einer Meldung im DLF vom 04.09.2019 gab es im Flüchtlingslager Moria Proteste:

Nach Angaben der Polizei schleuderten einige Migranten Steine auf Polizisten und Mitarbeiter. Die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor.
Auslöser war den Angaben zufolge der Protest von rund 50 minderjährigen Insassen. Sie verlangten, aus dem überbelegten Lager Moria auf das griechische Festland gebracht zu werden. Das Lager hat Platz für 3.000 Menschen. Zurzeit sind dort mehr als 9.000 Migranten untergebracht.

Die TAZ vom 06.09.2019 präzisiert:

Rund 300 Ju­gendliche, die dort ohne ihre Eltern untergebracht sind, lieferten sich ein ­Handgemenge mit Angestellten des Lagers. Als Mülleimer in Brand gesetzt wurden, setzte die Polizei Tränengas ein.

Hintergrund der zunehmenden Überbelegung ist die steigende Zahl von Bootsüberquerungen aus der Türkei, die in der ersten Septemberwoche noch zugenommen haben. Noch einmal die TAZ vom 06.09.2019:

Mit Besorgnis verfolgt die Bundesregierung, dass auf den griechischen Inseln wieder mehr Boote mit Flüchtlingen aus der Türkei ankommen. Bis Freitag hatten nach Angaben der griechischen Behörden in 48 Stunden mehr als 300 Menschen aus der Türkei auf griechisches Gebiet übergesetzt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz sagte am Freitag in Berlin: „Wir beobachten die Entwicklung mit Sorge.“

In den vergangenen Wochen ist die Zahl der aus der Türkei kommenden Geflüchteten schlagartig gestiegen. Im August setzten nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) 8.103 Menschen aus der Türkei zu den grie­chischen Ägäis-Inseln über. Die Re­gistrierlager auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos sind für etwa 6.400 Personen ausgelegt, dort harren zurzeit nach Angaben des griechischen Ministeriums für Bürgerschutz 20.594 Mi­granten aus. […]

Die EU drängt darauf mehr Rückführungen in die Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Deals vorzunehmen. Am Donnerstag hatte der türkische Präsident Erdoğan damit gedroht, syrische Flüchtlinge nach Europa passieren zu lassen, wenn sein Land nicht mehr Unterstützung erhalte.

Im Stern News Feed vom 06.09.2019 wird die Androhung Erdogans bestätigt, dass für das Fernhalten der Geflüchteten neue Gelder gefordert werden. Ein Zusammenhang mit dem derzeitigen Anstieg der Passagen besteht eher nicht, sicherlich aber besteht ein Zusammenhang mit der Welle der Repression in Istanbul. Es heißt dort:

Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay bekräftigte indessen die Drohung des türkischen Präsidenten vom Vortag, wonach man unter Umständen «gezwungen» sein werde, den Flüchtlingen im Land Richtung Europa «die Türen zu öffnen». «Die gestrige Aussage unseres Präsidenten ist weder eine Drohung noch ein Bluff. Es ist eine Tatsache», sagte Oktay der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge am Rand eines hochrangig besetzten Vortragsforums in Italien am Freitag. Die Türkei werde nicht die Rechnung zahlen für Krisen, die andere Länder kreierten. Erdogan hatte mehr Unterstützung für die Flüchtlinge in der Türkei verlangt. […]

Nach Ansicht der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen werden die Geflüchteten auf den griechischen Inseln von der Europäischen Union und Griechenland bewusst im Stich gelassen. «Dies ist eine politikgemachte Krise», sagte Tommaso Santo, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland, am Freitag. Die griechischen und europäischen Behörden sperrten Asylsuchende – darunter zahlreiche Minderjährige – seit mehr als drei Jahren unter unerträglichen Bedingungen auf den griechischen Inseln ein, hieß es. Einige Kinder hätten versucht, sich das Leben zu nehmen.

In den für 6.338 Menschen ausgelegten Registrierlagern auf den Inseln im Osten der Ägäis harren zurzeit nach Angaben des griechischen Ministeriums für Bürgerschutz 20.594 Migranten aus. Rund 3.500 sind in kleineren Camps oder in Wohnungen untergebracht. Der Chef der Vertretung des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Athen, Philippe Leclerc, sagte am Freitag der halbamtlichen griechischen Nachrichtenagentur ANA-MPA, dass insgesamt 7.000 Migranten sofort von den Inseln zum Festland gebracht werden könnten, weil sie als Schutzbedürftige gelten. Das Problem bestehe darin, dass auch die Lager auf dem Festland überfüllt seien, hieß es.

Unter der Schlagzeile „… oder wir müssen die Tore öffnen“ berichtet die Welt vom 07.09.2019 von einer Rede des türkischen Präsidenten Erdogan, in der er von einer „neuen Migrationsbedrohung“ durch Flüchtlinge aus Idlib gesprochen hat.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut damit gedroht, die Grenzen nach Europa für syrische Flüchtlinge zu öffnen. Ankara könne einen möglichen weiteren Flüchtlingszustrom aus Syrien nicht alleine schultern, sagte Erdogan am Samstag. […]

„Entweder Sie teilen diese Last oder wir müssen die Tore öffnen“, sagte Erdogan. Er argumentierte, die EU habe ihr Versprechen finanzieller Hilfen noch nicht vollständig eingehalten. Die EU hob jüngst hervor, sie habe bislang 5,6 der zugesagten 6 Milliarden Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugewiesen. Der Rest werde bald folgen, sagte eine Sprecherin. […]

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Nachtrag 08.09.19:

Noch immer kommen hunderte Flüchtlinge aus der Türkei zu den griechischen Inseln im Osten der Ägäis. Von Samstagmorgen bis Sonntagmittag (Ortszeit) haben nach Angaben der griechischen Küstenwache 332 Migranten zu den Inseln Rhodos, Kalymnos, Samos, Farmakonisi und Lesbos und damit auch in die EU übergesetzt.

DW 08.09.19

Ägäis: Proteste in Moria, 8.103 Passagen im August