Italien-EU: Keine Boat-people mehr durch künftigen Krieg im libyschen Süden?

Die italienischen Seenotrettungsleitstelle und die italienische Regierung verlieren den direkten Kontakt zur sogenannten libyschen Küstenwache. Es mehren sich die Zweifel am Fortbestand der italienisch-westlibyschen Abschottungskooperation, es wächst die Perspektive auf einen geplanten Krieg im Süden Libyens zwecks Ölförderung und Blockierung der Migration.

Vor Libyen: Frachter nimmt 100 Boat-people auf und bringt sie zurück nach Libyen

Nach einem Tag vergeblicher SOS-Rufe hat am Abend (beauftragt angeblich durch die sogenannte libysche Küstenwache) ein Frachter unter Fernsteuerung der italienischen Regierung damit begonnen, die 100 Boat-people in Seenot aufzunehmen – so berichtet ANSA und die Huffington Post. Gerade kündigt die italienische Regierung an, dass der Frachter, der unter der Flagge Liberias fährt, die Boat-people zurück nach Libyen bringen wird.

Ongoing distress situation off Libya – 100 lives at risk!

100 Boat-people: „The Alarm Phone is currently working on a distress situation in the Central Mediterranean. […] 13:50 We have increasing difficulties to calm people down. We urge authorities to decide who is in charge, an authority capable of coordinating SAR operations and that respects Intl. law. It is unacceptable that the law is violated and people left to die due to political games.“

Schiffskatastrophe: 117 Tote 45 km vor libyscher Küste, Rettung lange verweigert

Nicht 20, sondern 120 Boat-people waren es, die am Freitagmorgen 45 Seemeilen vor der libyschen Küste Schiffbruch erlitten haben. Mithin 117 Tote und drei Überlebende. Sie hätten gerettet werden können. Die italienische Seenotrettungsstelle hatte sich für nicht zuständig erklärt, die sogenannte libysche Küstenwache hat wieder einmal auf Anruf nicht geantwortet.

Bei Überquerung der Alpen riskieren Migranten ihr Leben

Im Jahr 2018 überquerten etwa fünftausend Migrant*innen die italienisch-französische Grenze auf dem Weg von Bardonecchia zum Colle della Scala. Mindestens drei Menschen starben auf dem Weg dorthin an Unterkühlung oder weil sie sich verirrten. Obwohl es weniger Schnee gibt als im Vorjahr, wird diese Route seit einigen Monaten weniger frequentiert. Stattdessen werden nun fast jede Nacht zehn bis fünfzehn Migrant*innen auf der Passage angetroffen, die Claviere in Italien mit dem Col de Montgenèvre verbindet.

Regierung hindert Open Arms am Auslaufen wegen geschlossener Häfen Italiens und Maltas

Die Hafenbehörde Barcelonas hat auf Regierungsanweisung dem NGO-Seenotrettungsschiff von „Proactiva Open Arms“ auf unbestimmte Zeit untersagt auszulaufen, weil die Häfen Italiens und Maltas für die Seenotrettung geschlossen seien. „Proactiva Open Arms“ fordert die Regierung auf, vor das internationale Seegericht in Hamburg zu ziehen, um Italien und Malta zur Erfüllung internationaler Gesetze des Seenotrettung und der offenen Häfen für Gerettete zu zwingen.

Kalabrien, Melissa: Segelboot mit 51 kurdischen Migrant*innen vor der Küste gekentert, Boat-people von Anwohnern gerettet

Ein Segelboot mit 51 kurdischen Migrant*innen an Bord ist im Morgengrauen kurz vor der kalabrischen Küste bei Melissa auf Grund gelaufen und gekentert. Durch die Schreie der Schiffbrüchigen, die sich an den Rumpf klammern konnten, wurden Bewohner der Gegend geweckt. Innerhalb weniger Minuten war auch der Bürgermeister vor Ort, der den Rettungseinsatz koordinierte. Ein Mann wird vermisst, alle anderen konnten gerettet werden, darunter auch ein neugeborenes Kind. Das Boot war zuvor tagelang unterwegs, ohne von der Küstenwache geortet worden zu sein.